Leere Seiten eines geschlossenen Buches

Viele werden sich gewundert haben, warum ich nicht mehr schreibe, andere wissen es schon länger. Vor über einem Monat, während Franziska und ich unsere liebe Mitfreiwillige Sarah in Obukhiv besuchten und uns auch Kiew anschauten, geschah in Odessa das Unfassbare. Im Nachhinein kann man sicher sagen, dass es sich um einen einmaligen Vorfall handelte, dennoch veranlasste es unsere Organisation und auch weitere Freiwillige aus den Osten und Süden für mindestens einen Monat aus der Ukraine abzuziehen.

Bei Straßenkämpfen und einer Brandkatastrophe starben am 2. Mai 46 Menschen in Odessa. Der Schrecken saß tief, so dass es keiner wahr haben wollte und konnte. Die weltoffene Stadt an der Schwarzmeerküste war plötzlich zum tragischen Schauplatz der politischen Unruhen geworden. Es schien so, als könne kein Ort mehr sicher sein, wenn dieser es nicht war. Keiner wollte mehr die Verantwortung für einen Dienst junger Deutscher dort tragen. Keiner konnte uns die Sicherheit garantieren, die alle Beteiligten, auch aus vielerlei Gründen, gerne gehabt hätten.

Wir wehrten uns, wollten nicht wahr haben, dass gerade einmal nach acht Monaten unser Dienst hier und heute Enden sollte, wo doch alles gerade erst begann und seine Form annahm. Trösten sollte uns die Aussicht, nach der Präsidentenwahl in einer beruhigten Lage wiederzukehren. Daran klammerte ich mich und verschloss die Augen doch davor, dass eigentlich von Anfang an wenig Hoffnung bestand. Selbst hatte ich es doch erlebt, wie sich der Konflikt über Monate aufbauschte und mit einer unfassbaren Gewalt und Intensität entlud und wir nur ohnmächtige Beobachter einer grundlegenden Krise wurden. Daran ist nichts von heute auf morgen zu ändern. Keine Wahl, keine Regierung, kein Präsident kann so plötzlich und alleine eine Deeskalation herbeiführen. Über Nacht, gerade aus Kiew abgereist, mussten wir die Koffer packen, uns schnell verabschieden und saßen ehe wir es uns versahen schon wieder in Deutschland. Fest.

Seit Mai redete ich mir immer wieder ein, es gäbe eine Chance zurückzukehren. Ich wollte es wirklich. Aber mit jedem Tag, der verging, sanken meine Hoffnungen. Auch weil die dramatisierende Nachrichtenlage aus der Ukraine in Deutschland größtenteils nicht den Verlauf und die Spannweite des Konfliktes widerspiegelte, wie ich ihn erlebt und wahrgenommen habe. Nach der Schreckensnacht in Odessa hätte uns klar sein müssen, dass es keine Rückkehr mehr geben würde.

Aus diesen Tagen wurden also Wochen, in denen man sich anfänglich noch zu beschäftigen wusste. Aber das Warten wurde unerträglich. Und schließlich kommt man doch an einem Punkt an den man sich fragen muss, worauf und ob man überhaupt noch wartet oder schon stillsteht. Denn es änderte sich nichts und wenn man sich zu lange vertrösten lässt, wird man nur seiner Zeit beraubt.

Dann im Juni fiel die nun erlösend gewordene Entscheidung. Es endete, obwohl es schon seit einem Monat fern und weit weg lag.

Ehrlich muss ich sagen, dass ich den Anblick meines unfertigen, zum Ende, zum Besten, brutal enthaupteten Blogs die letzten zwei Monate nicht ertragen konnte. Aber was sollte ich denn schreiben? Was ich erlebt habe schien mir zu fern, jede Aussicht zu illusorisch. Einmal habe ich es versucht, einen runden Abschluss zu finden, ertappte mich aber dabei, wie ich mir selbst alles schön zu reden begann und mir selbst eine Wiederkehr in Aussicht stellte. Mein Blog ist unfertig, weil mein Jahr es auch ist. Es gibt nichts abzurunden, weil sich ein Keil tief in mich bohrte und meine Hoffnungen zerschmetterte. Diese Seite hat traurigerweise nichts anderes verdient, als ein abruptes Ende.

So gibt es keinen schlüssigen und vervollkommenden Abschluss. Auch kein Fragezeichen mehr da, wo keines hingehört.

Das war’s also! Vielleicht finde ich irgendwann einmal die Lust Geschichten nachzureichen und zu erzählen. Aber nicht jetzt. Nach zwei Monaten habe ich mir gerade mal diese Sätze abgerungen. Es war toll, dass so viele meinen Blog gelesen und verfolgt haben. Ich möchte mich für euer Interesse bedanken. Ich weiß, dass ich euch eigentlich noch mehr schuldig bin, habe aber momentan einfach nicht mehr bieten.

Am Samstag haben Franziska und ich nochmals Gelegenheit uns richtig von den Kindern, die gerade in Deutschland eine Ferienfreizeit verbringen, zu verabschieden. Vielleicht kann ich danach für mich das noch offene Kapitel leichter schließen und das Buch irgendwann nochmal einmal aufschlagen.

Bis dahin bleibe ich mit einem Teil meines Herzens in der Ukraine. Es vergeht kein Tag, an dem ich nicht darüber denke, was war und hätte sein können und nicht um das Schicksal des mir so lieb gewordenen Landes bange.

Es bleibt viel Positives, was ich mitnehme. So viele schöne Erinnerungen! Aber vielleicht passt es auch zur Ukraine, dass es nun so für mich endet. Unvollkommen, resigniert, aber dennoch in seinem Ende vielleicht ein Neubeginn.  Harte Einschnitte sind vielleicht das intensivste und lehrreichste, was man erfahren kann. Trauer wird zu Stärke, Machtlosigkeit zu Willen. Abstand und Zeit rücken die Dinge manchmal in ein anderes Licht. Hoffen wir das Beste.

Слава Україні!

 

Er ist wahrhaftig auferstanden!

Nun ist es mal wieder soweit. Ende April finde ich nun mal wieder Zeit, ein kleines Update zu liefern, bevor es im nächsten Monat noch mal richtig rund geht. Am 1. Mai-Wochenende nach Kiew und eine Woche später erneut nach Charkow, im Osten des Landes. Von beiden Aufenthalten werde ich sicher noch spannend und ausgiebig […]

Von historischen Reisen

In letzter Zeit gewannen die politischen Beiträge in meinem Blog die Oberhand. Diese Tatsache ist natürlich zum einen den uns wachhaltenden aktuellen Ereignisse geschuldet, zum anderen aber auch, das ist nicht von der Hand zu Weisen, nicht geringen Maße Produkt meines persönlichen politischen Interesses. Da diese Seite aber nicht nur angelegt wurde, um gegenwärtige Geschehnisse zu kommentieren, sondern auch von meinen individuellen Erlebnissen, die außerhalb der Aktualität liegen, zu berichten, will ich nun endlich dem Versprechen nachkommen, von meinen zwei Reisewochen während eines turbulenten Februars nach Lviv und Krakau zu erzählen.

Am Abend des 9. Februars war es also endlich einmal wieder soweit: Der von mir so hoch geliebte und geschätzte Nachtzug öffnete uns Freiwilligen aus Odessa, die wir gemeinsam zu unserm Zwischenseminar in Lviv aufbrachen, seine weiten Pforten. Das Gepäck die imposanten Stufen hinaufgehievt, durch die weiten Hallen durchwandernd, erreichten wir schließlich unsere großzügigen und üppig ausgestatteten Gemächer im Inneren des historischen Konstrukts. Reisespaß pur, wie schon bekannt! Und es sollte in diesen Wochen nicht das letzte Mal gewesen sein. Für jeden Nostalgiker ein Kleinod, hatten wir dieses Mal die Ehre, ein Zugabteil zu beziehen, das nicht nur von Außen eindrucksvoll an die Glanzzeiten des „real existierenden Sozialismus“ in der UdSSR erinnerte, sondern auch im Inneren seinen ganz eigenen sowjetischen Charme entfaltete und das Lebensgefühl der späten 60er Jahre wiederspiegelte. Historische Züge in historischen Zeiten empfinde ich nur als allzu konsequent.
Während der elfstündigen Fahrt quer durch die Ukraine gab sich unser Zug die größte Mühe auch ja nicht zu schnell zu fahren, um uns einen detailierten Ausblick in die schwarze, nächtliche Ödnis zu gewähren. Durch zahlreiche Stops bot er auch Gelegenheit, einen Blick auf nahezu jede Ortschaft zwischen Odessa und Lviv zu werfen, bevor wir schließlich morgens gegen sechs Uhr unser Ziel erreichen durften.

10153358_568076383300253_387952587_nLviv, Lvov, Lemberg, Leopolis! In ihrer über 750-jährigen bewegten Geschichte trug diese Stadt viele Namen und kannte wechselnde Herrscher. Russen, Polen, Österreicher und Deutsche hinterließen hier ihre Spuren. Nationen und Imperien, die sich in Lviv verewigten, schufen eine der vielfältigsten, interessantesten und schönsten Städte, die ich je besucht habe. Damals wie heute ist sie der intellektuelle, kulturelle und künstlerische Mittelpunkt der Region und der ganzen Ukraine, der seit jeher Reisende und Besucher aus allen Ländern anlockt. Ein mittelalterlicher Stadtkern, mit Gebäuden aus Gotik, Renaissance, Barock, Klassizismus, Historismus etc., eine Neustadt im Stile der Habsburger Doppelmonarchie, aus der Zeit des österreichischen Galiziens. Eine ukrainische Stadt, wie man sie rein optisch im eigenen Kopfkino nicht auf dem Schirm hat. Selber fühlte ich mich fast wie „Zuhause“ in Westeuropa. Kirchen, Wehranlagen, Museen, Residenzen, alles Dinge, die mein architektur- und geschichtsbegeistertes Herz, sehr zum Leidwesen meiner Mitmenschen und vor allem Franziskas, höher schlagen ließ.972544_568076369966921_1741138777_n Zu meiner Freude nahmen wir als Seminar-Gruppe (wir Freiwilligen des Diakonischen Werkes Württemberg, des ICE und des Arbeiter-Samariter-Bundes) an einer aufschlussreichen Stadtführung teil. Zu ihrer Freude, boten sich ausreichend Möglichkeiten die Geschäfte der Stadt zu erkunden. So kam jeder auf seine Kosten 😉
Der Austragungsort der Fußball-EM von 2012 hat augenscheinlich von den Mitteln profitiert, die ihm das Scheinwerferlicht eingebracht hat. Aber eben nur augenscheinlich. Zwar wurden viele Gebäude aufwändig renoviert, besitzen einen hübschen Anstrich und viele Straßen wirken sauber und neu, aber die Region bleibt unter ökonomischen Gesichtspunkten betrachtet Hinterland. Kaum vorhandene Industrien und eine schwache Infrastruktur machen die Stadt, so wie den gesamten westlichen Landesteil finanziell größtenteils von den wirtschaftlichen Zentren im Osten und Süden wie Donezk, Dnepopetrovsk oder Odessa abhängig. An dieser „Umverteilung“ entbrennt auch der Ärger vieler Süd- und Ost-Ukrainer in der aktuellen Krise.10150020_568076646633560_1082792892_n Nichts desto trotz bleibt Lviv das Hauptzentrum der Protestbewegung. Rund um dem „Prospekt Swobody“ vor der Statue des ukrainischen Nationalhelden und Schriftstellers Schewtschenko besitzt Lemberg seinen ganz persönlichen kleinen Euro-Maidan mit Hauptbühne, ein par „Barrikädchen“ und nun nach den blutigen Nächten in Kiew einem gewaltigen Blumenmeer.
Russisch zu sprechen, kann in dieser Situation unter Umständen gefährlich werden. Der Hass sitzt tief. Selbst in ruhigeren Zeiten erhält man bei Fragen in russischer Sprache, demonstrativ nur Antworten auf Ukrainisch. Und daher beschloss ich aus Angst und Unsicherheit in dieser Woche lieber Englisch zu sprechen und tarnte mich als Tourist.
Den Patriotismus und Nationalstolz vieler Menschen in Lviv bekam ich beim Besuch des sogenannten „Partisanenkellers“ erneut zu spüren. Bei dieser Örtlichkeit handelt es sich um ein Restaurant im Stile der Untergrundbewegung während des Freiheitskampfes der Ukrainischen Befreiungsarmee gegen das Deutsche Reich und die Sowjetunion. Visuell manifestiert sich dieses Gedenken in der Ausstellung von Alltagsgegenständen aus der Partisanenzeit, Waffen, und „exotischen“ Speisenamen wie „Gauleiters Plate“. Auf dem Dach kann sogar ein originales Flakgeschütz begutachtet werden. An der Eingangstür wird man nach lautem Klopfen an eine Holztür von einem Uniformierten mit Maschinenpistole in Empfang genommen, der nach dem Passwort verlangt (der patriotische ukrainische Ausruf: „Slawa Ukraina, gerojam slawa“, Ruhm der Ukraine, Ruhm den Helden) und anschließend fragt, ob man ein „Moskalj“ (eine herablassende Bezeichnung für Russe) sei. Bejaht man dies in „guten Zeiten“, erhält man für seine Ehrlichkeit zwei Pinnchen Wodka. Verneint man, wird man nur zu einem eingeladen. Aktuell wäre es wohl unklug als Russe in dieser Kellerkneipe sein Glück zu versuchen. Was dann passieren würde, weiß ich nicht und will ich besser auch nicht herausfinden. Als Pazifist halte ich gar nichts von dieser Zurschaustellung von Waffen, und Heldenverehrung. Zumal viele der dort angehimmelten „Freiheitskämpfer“ historisch sehr umstritten sind und teilweise als Kriegsverbrecher gelten. Ein aggressiver Nationalismus schürt nur Hass, wo keiner sein muss. Schon gar nicht nach den Schrecken und Elend, den er im 20. Jahrhundert verbreitet hat und mehr als drei Generationen später. Auch wenn dies alles wohl mehr als Gag gedacht ist, um Touristen anzulocken, halte ich diesen Umgang mit Geschichte für genauso falsch wie fahrlässig.

Zu einer weiteren Attraktion besonderer Art gehört das Masochcafe in Lviv. Der aus Lemberg stammende Leopold von Sacher-Masoch ist Namensgeber dieser Örtlichkeit. Ein Themenrestaurant, welches sich den nach dem Adligen benannten Praktiken verschrieben hat. Zwar in einer nicht allzu heftigen Weise, aber dennoch in einer solchen, dass meine Schmerzrezeptoren maßgeblich zur Belustigung Franziskas belastet wurden. Naja, eine ganz lustige Idee, aber auch nicht jedermanns Sache… 😉

Während des Seminars hatten wir nicht nur Gelegenheit uns mit anderen Freiwilligen auszutauschen, sondern besuchten auch gemeinsam für einen Tag eine Einrichtung, die sich um behinderte Kinder, Jugendliche und Erwachsene kümmert. Diese trägt den schönen Namen „Dscherelo“ (джерело), was auf Ukrainisch „Quelle“ bedeutet. Diese Einrichtung wurde vor 20 Jahren von einer engagierten Kanadierin gegründet und kümmert sich seit dem um Menschen, die schwere körperliche oder geistige Behinderungen besitzen. Der Ansatz der Organisation ist es, den Betroffenen und Familien so früh wie möglich eine Anlaufstelle zu bieten und ihnen eine Perspektive aufzuzeigen. Durch einen Kindergarten, Schulen, Werkstätten, Ärzte, Therapeuten und eigene Wohnunterkünfte. Sowohl die Akzeptanz behinderter Menschen in der Ukraine, als auch deren Versorgung ist äußerst gering. Джерело zeigt eine positive Alternative auf. Das Zentrum besitzt eine sehr moderne und weitreichende Ausstattung, die von ihren Standards vergleichbaren Einrichtungen etwa in Deutschland in nichts nachsteht: Ein Schwimmbecken, Therapieräume, medizinische Fachräume usw. . Das Projekt ist komplett von Sponsoren und Spendern abhängig. Leider sind die Mittel momentan sehr begrenzt. Ein Übernachtungsmöglichkeit für Eltern und Kinder, die von weit her kommen, um das Zentrum aufzusuchen, wird momentan gebaut. Um ohnehin rare staatliche Gelder, aber auch ausländischen Mitteln ist es aufgrund der aktuellen Lage schlecht bestellt. Als Freiwillige erhielten wir am Vormittag eine sehr interessante und kompetente Führung durch die Räumlichkeiten, bevor wir selbst mit den Menschen in den Werkräumen arbeiten durften. So unterhielten wir uns, kochten gemeinsam, malten und bastelten. Am Nachmittag wurden wir eingeladen, dass von den Behinderten selbst vorbereitete Programm zum Valentinstag zu besuchen. Das alles empfand ich als sehr schön und bereichernd. Es hat Spaß gemacht mal in eine andere Einrichtung hineinzuschnuppern. Ich war von der Gesamtkonzeption und Organisation des Vereins aufs positivste überrascht und kann nur hoffen, das джерело auch in Zukunft seine wichtige Arbeit fortsetzen kann, ohne dabei auf das Notwendige zu verzichten.

Ebenso gehörte es zu unserem Programm in dieser Woche mit ukrainischen Jugendlichen und jungen Erwachsenen über die politische Lage in ihrem Land zu diskutieren. Hierzu luden wir am Abend des Valtinstages, und bereits am Donnerstag eine kleinere Delegation, ein uns kennen zu lernen und mit uns zu diskutieren. Bei diesem internationalen Abend, der in Kooperation mit dem polnischen Konsulat veranstaltet wurde, tauschten wir nicht nur Meinungen und Erlebnisse aus, sondern auch zur Feier Kontaktdaten zur Feier des Tages in Form eines Speeddatings. Auf diese vergügliche Art kamen wir uns näher und konnten den Abend bei Tanz und Gesang ausklingen lassen.Ein positiver Ausklang der Woche und unseres Seminars, was am darauffolgenden Samstag leider schon endete.

Dann hieß es Abschied nehmen voneinander. Besonders traurig war es Luise Lebewohl zu sagen, die ihren Dienst vorzeitig beendete. In Odessa wird sie uns sehr fehlen.
Untereinander vereinbarten wir Freiwilligen zahlreiche Besuche. So wollen Franziska und ich unbedingt Tscherniwzi und Kiew bzw. Obukhov besuchen. Letzteres ist bereits für den ersten Mai geplant. Ich freue mich drauf! 🙂

10152730_568049879969570_828627995_nFür Franziska und mich hieß es dann wieder einen gemütlichen Nachtzug zu erwischen, der uns für eine Woche weiter, bis ins wunderschöne polnische Krakau brachte,wo wir unseren Urlaub in einem angenehmen und komfortablen Hotel im Zentrum der Altstadt verbrachten. Leider wurde diese Woche, die uns doch gerade Ablenkung von der angespannten Lage und Erholung bieten sollte, von der grausamen Eskalation auf dem Unabhängigkeitsplatz in Kiew und der Absetzung des ehemaligen Präsidenten Janukowitschs überschattet. Zwischenzeitlich hieß es sogar, der Grenzübergang zu Polen sei von Demonstranten blockiert worden und in Lviv, über welches unsere Rückreise erneut führen sollte, wurde ein Polizist bei einem Anschlag auf eine Kaserne durch eine Handgranate getötet, so dass wir uns nicht sicher waren, ob und wie wir überhaupt in die Ukraine zurückkehren und den Freiwilligendienst wieder antreten konnten. In Krakau bekamen wir die ganze Welle der medialen Berichterstattung zu spüren und ließen uns zeitweise von den neuerlichen Schockmeldungen irritieren. Denn in Odessa, wie es uns von dort berichtet wurde, sei die Lage verhältnismäßig entspannt. So kehrten wir also nach einer Woche in eine ganz andere Ukraine zurück, als wir sie verlassen hatten. Manchmal schlägt die Geschichte ziemlich schnell und unerwartet zu und trifft einen eiskalt. Etwas, was ich in der Form aus Deutschland in diesem Ausmaß zum Glück noch nie kennen gelernt habe, was mir aber in diesem Moment einmal wieder bewusst wurde.

IMG192Dennoch war es uns möglich die wunderschöne alte Königsstadt und ihr Treiben in der Form zu genießen, wie sie es verdient. Lviv und Krakau sind sich gar nicht mal so unähnlich. Kein Wunder, wenn man bedenkt, wie Lange in ihrer Geschichte diese beiden Städte unter einer Regentschaft standen. Gerade mal 300 Kilometer trennen die beiden „Schwestern“ voneinander. Aber dennoch kam es mir oftmals so vor, als wären sie in unterschiedlichen Welten. Denn trotz ihrer Ähnlichkeiten, bestach der Unterschied zwischen EU und der Ukraine deutlich und führte aber auch dazu, dass ich mich innerlich schon auf eine gewisse Art zuhause fühlte. IMG194Zuhause in der EU.Etwas, was ich zuvor bei besuchen in anderen EU-Ländern noch nie verspürt habe. Macht man sich bewusst, dass Polen vor über zwanzig Jahren vor der EU stand, wie vielleicht jetzt die Ukraine, versteht man die enge Solidarität vieler Polen zum Euromaidan, die man durch zahlreiche Flaggen und auch Kundgebungen spüren konnte, vielleicht etwas besser. Polen und die Ukraine besitzen einen erheblichen Teil gemeinsamer Geschichte und gemeinsamen Erbes.

1558911_568075243300367_134916122_nFranziska und ich nahmen uns neben der Erkundung der herrlichen Altstadt mit Wawel-Schloss, Tuchhalle und zahlreichen Kirchen, besonders das jüdische Viertel besonders zu Herzen. Mit Spielbergs Holocaustdrama „Schindlers Liste“ im Hinterkopf, besuchten wir die Originalschauplätze und beschäftigten uns intensiv mit unserer deutschen und europäischen der Geschichte. Dabei machten wir uns auch einen Tag nach Auschwitz auf.10169032_568074463300445_466175160_n Das Gefühl dort war einfach nur bedrückend und schrecklich. Die Haufen von Haaren und Schuhen der Ermordeten zu sehen, vor den eingestürzten Krematorien in Birkenau noch die Asche riechen zu können, empfand ich besonders berührend und aufwühlend. Schade war nur, dass sich scheinbar nicht alle der Besucher der Besonderheit des Ortes bewusst waren, und die Lager durchwanderten, als seien sie eine Freizeitattraktion und es sich nehmen lassen konnten, an nahezu jeden bekannten Ort zu posieren und sich fotografieren zu lassen. Als Deutscher betrete ich einen solchen Ort sicherlich mit einem anderen Gefühl und einer besonderen Verantwortung. Aber im Gedenken der dort unvorstellbaren begangenen Verbrechen und 1,5 Millionen getöteten Menschen ist es meiner Meinung nach nicht zu viel verlangt, diesem Mahnmal an die Menschheit ein wenig mehr Respekt zu zollen.

Was ich also aus diesen zwei Wochen mitnehme sind eine ganze Menge Erfahrungen, Erlebnisse und Zeugnisse über Geschichte die schon Geschehen ist und diejenige, die gerade im Begriff ist geschrieben zu werden. Als Mensch, der das Kommende verstehen will, benötigt man immer einen Blick zurück. Gerade in der Ukraine, wo sich die fast alle der größten Krisen des letzten Jahrhunderts abspielten, ist ein solches Wissen und Verständnis von größter Wichtigkeit. Erst Recht wenn man die aktuelle Situation bedenkt und das, was wohl noch kommen mag.

Das letzte Mal ging es also nun im Nachtzug zurück Richtung Schwarzes Meer. Erst nach Lviv, dann nach Odessa, wo man nicht weiß, welche Weichen der Geschichte hier einmal und in nächster Zeit gestellt werden.

Euer Timo

Neulich in der AZ Coesfeld

Vielen Dank an Florian Schütte und die AZ, dass ich den Artikel veröffentlichen durfte. Ebenfalls ein großes Dankeschön an Irina, Maryna und Alexej 🙂

AZ Artikel

Und hier wie angekündigt der Originalartikel in voller Länge. Viel Spaß!

Zwischen Angst, Hoffnung und Resignation
-Ein Bericht aus der Ukraine-

Die Ukraine, der neue Krisenherd Europas? Die Entwicklungen der letzten Monate scheint dramatisch: Von friedlichen Pro-europäischen Demonstrationen, über blutige Straßenschlachten und der Absetzung der Staatsmacht, hin zu einer territorialen Annexion. Hätte mir dieses jemand vor knapp einem halben Jahr erzählt, ich wäre wohl mit einem anderen Gefühl in die Ukraine aufgebrochen. Doch nun bin ich unmittelbarer Zeuge eines historisch tiefverwurzelten und politisch weit verzweigten Konfliktes, dessen Auswirkungen das Land und Europa zu zerreißen drohen.
Die innere Spaltung der Ukraine ist vor Ort zu spüren. In Odessa, wo ich lebe und arbeite, sprechen die Menschen seit der Gründung ihrer Stadt durch Katharina die Große überwiegend Russisch. Man fühlt sich nicht unbedingt zu Russland und Putin hingezogen. Außer von einigen Wenigen, die ein Referendum ähnlich dem der Krim fordern und dabei sowohl russische, als auch sowjetische Fahnen schwenken, gehen keinerlei Separationsbestrebungen aus. Ganz anders als auf der Halbinsel handelt es sich in den südlichen und östlichen Provinzen nicht um Menschen russischer Nationalität, sondern um russisch-sprachige Ukrainer. Neulich fand in Odessa eine Pro-Ukrainische Demonstration mit über 15000 Menschen statt. Auch beim Gespräch mit Bekannten und Freunden gewinne ich nicht den Eindruck, dass ein Anschluss an Russland wirklich gewünscht wird. Das Problem liegt vielmehr in den kulturellen und politischen Unterschieden der beiden Landesteile und ist der Befürchtung geschuldet, dass die neue ukrainische Führung nicht die Interessen des gesamten Landes vertritt. Janukowitsch, der seine Hochburgen im Süden und Osten hatte, wird nach den blutigen Nächten auf dem Maidan nicht unbedingt nachgetrauert, aber seine nach wie vor festverankerte Partei der
Regionen ist von der neuen Regierung ausgeschlossen.
Eine Woche vor der Eskalation auf dem Maidan, hatte ich Gelegenheit Lviv (Lemberg), Hochburg der Proteste und des Euromaidan im Westen des Landes aufzusuchen und einige Gespräche mit jungen Ukrainern über die Zukunft ihres Landes zu führen. Hier sprechen die Menschen ukrainisch, fühlen sich als ehemaliger Teil Galiziens Europa näher verbunden, als Russland, das man als Nachfolgestaat der Sowjetunion betrachtet und damit als Unterdrücker der ukrainischen Nationalbewegung. Der Wille zur EU, gegen Janukowitsch und Russland schien bei den jungen Leuten gewaltig. Man sprach von einem Kampf, den es zu gewinnen gelte. Als ich nachfragte, wie denn ein zukünftiger Ukrainischer Staat aussehen könnte, in dem es neben Gewinnern auch Verlierer eines politischen Kampfes gebe, konnte mir keiner so recht antworten. Gewiss, eine Spaltung wolle niemand, aber die Zukunft des Landes läge in Europa.
Das wahre Manko der Ukraine wurde mir in diesem Moment wieder einmal bewusst. Das Land ist innerlich gespalten. Die Revolutionsbewegung hat es bisher nicht geschafft eine Regierung der nationalen Einheit zu formen, die aber für eine Neuordnung des Staates nach Absetzung Janukowitschs und für eine langfristige Lösung unabdingbar ist. Stattdessen läuft man nun Gefahr durch das geopolitische Kräftemessen der EU und Russland zerdrückt zu werden. Durch das zweifellos völkerrechtswidrige Krimreferendum hat es Putin geschafft den Status Quo in der Ukraine aufrecht zu erhalten und separatistische Bestrebungen offensiv anzuheizen. Ein weiteres militärisches Eingreifen halte ich aber aufgrund der ökonomischen Folgen für Russland für sehr unwahrscheinlich. Die EU setzt nun hingegen alles daran, das Handels- und Assoziierungsabkommen, an dessen Ablehnung die Proteste ausbrachen, im Schnellverfahren durchzuboxen, noch bevor eine ukrainische Führung durch Wahlen demokratisch legitimiert wurde. Auch dieses Vorgehen ist meines
Erachtens äußerst fragwürdig.
Wohin also, Ukraine? Im Machtspiel der Großen bleibt dem Land kaum eine eigene Wahl. Nach der Revolution und der Krimkrise steht man kurz vor einem Staatsbankrot. Ein ungelöster innerer Dauerkonflikt birgt langfristig viel Sprengpotenzial. Man schwankt zwischen Angst, Hoffnung und Resignation. Was das Land braucht. Mut, einen eigenen Weg und unsere Solidarität.

„Von nun an und für alle Zeiten“

Seit vier Wochen überschlagen sich die Ereignisse in der Ukraine. Innerhalb weniger Tage eskalierte die Situation auf dem Maidan. Schüsse, Gewalt, Angst. Der grausame vorläufige Höhepunkt der Proteste mit über hundert Toten und tausend Verletzten, auf beiden Seiten. Sowohl Polizisten, als auch Demonstranten waren unter den Opfern. Ob nun Radikale begannen oder die Staatsmacht als erstes durchgriff. Am Ende stand die blutigste Nacht der jüngeren Ukrainischen Geschichte. Janukowitsch erließ einen Schießbefehl, im Lager der Demonstranten gab es neben den Menschen, die mit großer Mehrheit friedlich demonstrierten, aber ebenso Gewaltbereite. Ein Bürgerkrieg schien entfesselt worden zu sein. Die ganze angestaute Wut der Straße, gegen die rücksichtslose Staatsmacht, die eben diese demonstrierenden Menschen bekämpfte, ihren Anliegen und Interessen kein Gehör schenkten und der jedes Mittel Recht war. Symbol dieses Regimes ist Viktor Janukowitsch. Jenes musste zwangsläufig weichen. Am Ende war der Druck zu groß und die eine Seite setzte sich durch. Dauerhaft? Ein für allemal? Die Lösung des Konflikts in greifbarer Näher? Ganz sicher nicht, wie sich nun in aller Deutlichkeit zeigt.
Die Krimkrise ist logische Folge eines ungelösten Dauerkonfliktes, einer verfehlten Außenpolitik und einer visionslosen Revolution.
Die Ukraine ist Land mit verschwommenen Konturen. Historisch betrachtet zusammengewachsen aus Galizien und „Kleinrussland“, unterdrückt von der Sowjetunion, besetzt von deutschen Truppen, befreit von der roten Armee, unabhängig seit 1991. Ein Land, zweier Sprachen, zweier Landesteile, zweier politischer Strömungen. Im Norden und es Westen der ukrainisch sprachige Teil, der traditionell patriotischen Ukrainer. Auf Moskau war man hier selten gut zu sprechen. Im und nach dem zweiten Weltkrieg kämpften viele Menschen von dort für einen unabhängigen ukrainischen Nationalstaat. Erst gegen die Deutschen, dann gegen die Sowjetunion. Einige auch auf radikale Weise. Von anderen als „Kriegsverbrecher“ bezeichnet, werden sie dort von Teilen der Bevölkerung wie Helden verehrt. Lviv (Lermberg) ist Zentrum dieses Landesteils, der verglichen mit dem anderen, strukturschwächer und ländlicher geprägt ist. Im Osten und Süden der russisch-sprachige Teil, der ökonomisch mit seinen großen Industrien dominiert. Die Nähe zu Russland ist hier historisch bedingt und wirtschaftlich notwendig. Krim_2014_de.svg
Die noch (man darf das Referendum am Sonntag abwarten) autonome Republik Krim besitzt einen Sonderstatus. Am 8. April 1783 wurde die Krim durch Grigori Potjomkin in das Russische Reich unter Katharina der Großen einverleibt. Sein Ausruf die Krim sei „von nun an und für alle Zeiten“ russisch, steht stellvertretend für die derzeitige Problematik. Denn 1954 wurde die Provinz anlässlich des dreihundertsten Jahrestages des Vertrags von Perejaslaw, der 1654 die kosakische Ukraine unter den Schutz des russischen Zaren stellte, feierlich durch Nikita Chruschtschow, der übrigens selbst aus der Ukraine stammte, der Ukrainische Sozialistische Sowjetrepublik einverleibt. Damals eher ein Akt der symbolischen Verbrüderung, faktisch bliebt dir Krim ja in der Sowjetunion, wurde sie nach dem Untergang des UdSSR zum Sonderfall in der Ukraine. Als formal autonome Republik verblieb sie im Land, konnte aber dennoch ihre Selbstständigkeit im Vergleich mit den übrigen Provinzen erweitern. Hinzu kommt, das in Sewastopol seit jeher die russische Schwarzmeerflotte ihren Stützpunkt hat. So ergab sich innerhalb der Krim nochmal ein Gebiet besonderer Kennzeichnung. Die russische Förderation pachtet seit der Unabhängigkeit der Ukraine den Hafen. Während etwa 25% der Bevölkerung Ukrainer sind, bleiben noch etwa 15 Prozent Krimtataren, die ursprüngliche Ethnie auf der Krim, die Stalin aber aufgrund von Kollaborationsvorwürfen mit den Deutschen deportieren ließ, die aber seit 1988 wieder auf der Halbinsel ansässig sind, und etwa 60% Russen. Hier sollte man aber erwähnen, dass es sich bei diesen im Gegensatz zu den anderen ukrainischen Provinzen nicht nur um russisch-sprachige Ukrainer handelt, sondern um Menschen russischer Nationalität. Daher bleibt es eine Tatsache, dass die Krim seit jeher mehr mit Russland identifizieren konnte, als mit der Ukraine.
Ist deshalb Putins vorgehen legitim? Ganz sicher nicht! Es verstößt gegen das Völkerrecht und ist de facto eine Besetzung eines Nachbarlandes durch russische Truppen.
Ein Referendum über die Unabhängigkeit einer Provinz ist nicht in der ukrainischen Verfassung vorgesehen. Sollte eine solche gewünscht werden, hätten die Vereinten Nationen vermitteln müssen. Putins vorgehen ist eine Farce. Weder besitzt er ein ernsthaftes Interesse den Willen der Bevölkerung auf der Krim zu vertreten, also eine demokratische Legitimation, noch liegt ihm der Schutz von „russischen Minderheiten“ am Herzen. Was für ihn zählt ist allein sein Gesichts- und Machtverlust während der Revolution in Kiew. Und in diesem Punkt versagte die westliche Diplomatie. Das der russische Präsident die Absetzung eines von ihm unterstützten Regimes nicht einfach so hinnehmen würde war absehbar. Dennoch versäumte es die europäische und amerikanische Außenpolitik zu gegebenem Zeitpunkt zu vermitteln und einen geeigneten Kompromiss zu erarbeiten, der sowohl die russischen, als auch die europäischen Interessen gewahrt hätte, aber am meisten die der Ukraine. Stattdessen wurde ein erster mit Russland erarbeiteter Kompromiss, der Neuwahlen in diesem Jahr vorsah, unmittelbar nachdem Janukowitsch durch das Parlament abgesetzt wurde vergessen und verstoßen. Kein Wort mehr hierzu oder der Versuch, einen neuen Vertrag zu erarbeiten. Kein Wunder, dass sich Putin vor den Kopf gestoßen fühlte. Stattdessen setzte man voll auf Konfrontation, in dem Glauben, der russische Präsident würde während der olympischen Winterspiele ein härteres Eingreifen außerhalb der Diplomatie nicht mehr wagen.
Eines muss doch klar sein: Man kann im Ukraine-Konflikt nicht ohne Russland agieren, ohne eine Konfrontation zu riskieren. Also riskierte der Westen bewusst eine neue Eskalationsstufe, und das traurigerweise auf Kosten der Ukraine.
Was sich hier abzeichnet ist nicht unbedingt ein kalter Krieg 2.0, aber ein Desaster der neueren europäischen Geschichte und vielleicht sogar der Geburtsfehler einer zukünftigen erweiterten europäischen Union. Putin mag noch so aggressiv und unerbittlich versuchen, seinen Einfluss auf jedem Wege in der Ukraine zu wagen, die EU tut es ihm aber gleich, wenn auch nicht durch militärische Interventionen. So ist es in meinen Augen nicht legitim, das geplante Handels- und Assoziierungsabkommen, mit dessen nicht-Unterzeichnung durch Janukowitsch die Unruhen begannen, in dieser angespannten Situation mit einer nicht demokratisch gewählten Übergangsregierung zu beschließen. Die EU maßt sich so genauso wie Putin an, die Interessen der Ukrainischen Bevölkerung zu vertreten und ignoriert dabei völlig die Zerrissenheit des Landes, sondern stellt sie vielmehr fahrlässig auf die Probe. Was an kalter-Kriegs-Rhetorik grenzt: Die Schwarz-Weißmalerei auf beiden Seiten auf Kosten eines instabilen von Krisen geschüttelten Landes, dem keine selbstbestimmte Entwicklung vergönnt zu sein scheint.
Sich aber auf dieses Spielt einzulassen ist ein Fehler der Revolution. Die Proteste wurden größtenteils vom westlichen Landesteil getragen und unterstützt, deren Wunsch es mehrheitlich ist, eines Tages der EU anzugehören. Ihr gutes und legitimes Recht. Janukowitsch versuchte seit Neuerem diesen Forderungen entgegen zu kommen. So wurde ein Handels- und Assoziierungsabkommen angestrebt, vor dessen Unterzeichnung sich der ehemalige ukrainische Präsident sich aber unerwartet scheute. Grund dafür war wohl eine Abmahnung Putins, der auf altbekannte Weise damit drohte, die Gaslieferungen zu stoppen. Janukowitsch bleib wohl keine Wahl, schon gar nicht im November, kurz vor Einbruch des Winters. Dafür kann man ihn nicht unbedingt rügen. Was aber wieder offensichtlich wurde: Janukowitsch, war ein Spielball Putins, der sich wirtschaftlich und politisch vollends von dem benachbarten Autokraten abhängig machte. Sein System basierte auf Vetternwirtschaft und Korruption. Unglaublich bereicherte er sich am eigenen Land und seiner Macht. Sein Weggang blieb für einen Neuanfang der Ukraine unerbittlich. Zunächst von den einen gefordert, wurde er später, nach der blutigen Nacht auf dem Maidan, zumindest von den anderen nicht mehr betrauert. Nur was soll auf einen abgesetzten Präsidenten folgen, dessen Partei in Teilen des Landes und der Bevölkerung fest verankert ist? Das Problem der Revolution offenbart sich hier. Sie ist keine nationale Bewegung, sondern vertritt in ihren Forderungen, und besonders durch ihre Führer nur einen Teil des Landes. Das ein bloßer Machtwechsel an dem schwelenden Dauerkonflikt, der sich am Rande eines Bürgerkriegs bewegt, nichts ändern wird, ist das innenpolitische Desaster der Ukraine. Eine Oligarchin wie Julia Timoschenko, kann genauso wenig Stabilität stiften, wie ein politisch unerfahrener Boxweltmeister, oder faschistoide, nationalistische Kreise. Was von der Revolutionsbewegung völlig verschlafen wurde, ist die Zusammenarbeit mit allen nationalen Kräften zu einem Zeitpunkt, als eine Neugestaltung der Ukraine noch wahrscheinlicher war. Unmittelbar nach dem Abtritt Janukowitschs. Was aber fehlte waren klare Visionen und Vorstellungen, was aus der Ukraine werden könne und nationale Führungsfiguren, die diese Ideen hätten vertreten und verwirklichen können unabhängig von einem Kräftemessen zwischen Russland und dem Westen. Aber genau auf dieses Spiel ließ man sich ein, als so getan wurde, als müsste man sich nur für eine Seite entscheiden entscheiden. Die Zerrissenheit des Landes droht nun durch diese Fahrlässigkeit zur dauerhaften Spaltung zu werden. Gegenseitige Hass und Aggressionen nehmen zu. Und so geht das Kalkül einiger auf. Daher muss man die Krimkrise auch als taktischen Versuch Putins werten, die Ukraine innenpolitisch weiter zu destabilisieren und in ihrer Einheit zu zerschlagen. Rufe nach Volksabstimmungen oder mehr Föderalismus in östlichen Teilen des Landes werden lauter, auch wenn nicht bekannt ist, wie viele wirklich hinter diesen Aufrufen stehen.
Egal wie das Referendum morgen ausfallen wird (das Ergebnis ist ja ohnehin schon bekannt). Die nationale Integrität der Ukraine ist schon nachhaltig beschädigt. Man kann nur spekulieren, wie die Mächte morgen reagieren werden. Neue Sanktionen gegen Russland von der EU sind angekündigt. Ich persönlich halte ein militärisches weiteres Eingreifen Russlands für unwahrscheinlich. Putin konnte seinen Punkt deutlich machen und zeigen, wie wenig die westlichen Staaten gegen ihn ausrichten können, auch da sie wirtschaftlich von seinem Land abhängig sind. Gleichzeitig würde Russland bei weiteren Interventionen ökonomischen Schaden nehmen. Das kann sich Putin in seinem von Oligarchen gestützten Regime nicht leisten. Er hat fürs erste bekommen, was er wollte. Eine Bühne seiner Machtdemonstrationen, innenpolitisch die höchste Beliebtheit den je und nicht zuletzt hat er es geschafft, den Status quo in der Ukraine offen zu halten, indem er separatistische Tendenzen förderte, um weitere Instabilität zu schaffen. Die nächste Krise in der die Ukraine steckt wird eine ökonomische sein. Und es bleibt wahrscheinlich, dass sowohl die EU, als auch Russland in besonderem Maße Anreize setzen werden. Eine wahre innenpolitische Lösung, von nun an und für alle Zeiten, ist wahrlich in weite Ferne gerückt.

In Kürze folgt dann ein etwas mehr unpolitischer Reisebericht von Lviv und Krakau im Februar, eine Beschreibung der Lage Odessas und die Ereignisse rund um den Frauentag von März. Bis dahin!

Von der „Orangenen Revolution“ zu den Ereignissen 2013/2014 in der Ukraine

Zufälligerweise habe ich mich vor meiner Reise in die Ukraine intensiver sowohl mit der Vorgeschichte, den Ereignissen und den Nachwirkungen der sogenannten „orangenen Revolution“ im Jahre 2004, als auch mit der politischen Lage des Landes (Stand Juni 2013) beschäftigt. Umso interessanter ist es für mich nun, die Ereignisse ,vor allem in Kiew, aber mittlerweile euch in weiten Teilen des Landes, aus der Nähe verfolgen zu können. Denn um die Geschehnisse als Ausländer einordnen und bewerten zu können, muss man sich über die Zu- und Umstände im klaren sein und sie im historischen Kontext zu verstehen lernen. Denn, so erlebte ich es bisher, ergeben sich viele Details noch lange nicht aus den Schlagzeilen einer westeuropäischen Berichterstattung. Das, was sich aus meinen ersten Recherchen zur politischen Situation der Ukraine bis Mitte 2013 ergab, setzt sich in prägnanter Kürze wie folgt zusammen: Nach der Unabhängigkeit der Ukraine hatte das Land wie alle anderen ehemaligen Ostblockstaaten mit großen wirtschaftlichen Problemen und politischer Instabilität zu kämpfen. Die dem Sowjet-System nachtrauernden Kommunisten und weitere linke Gruppen und Parteien behinderten größten Teils den angestrebten Tranformationsprozess vom Sowjetstaat zu einer eigenständigen Republik durch Blockade von Verfassungsänderungen und Gesetzesvorhaben. Die Spaltung des Landes manifestierte sich in den 90er Jahren zunächst auf ein Pro und Contra der Sowjetzeit. Der Westen und Norden der Ukraine, historisch bedingt näher an Westeuropa, mit einem großen ukrainischen Patriotismus bzw. Nationalismus, strebte als Urheber der schnellen Unabhängigkeit von der UdSSR enge Bündnisse mit der EU an und ging auf Abstand zu Russland, während im Süden und Osten des Landes, wo auch die großen Industrien beheimatet sind, eine große geschichtlich und gesellschaftlich bedingte Nähe zum großen Nachbarn Russland herrschte. An diesem Zustand hat sich bis heute nichts verändert. Die Ukraine befand sich schon zu Beginn ihrer Neugründung in einem politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Dauerkonflikt ihrer zwei Landesteile, der auch nicht durch erste Strukturreformen ab 1996 behoben werden konnte. Privatisierungen der ehemaligen Staatsbetriebe und die Einführung der Währung Hrywnja brachten erste wirtschaftliche Stabilität und Erfolge, führten aber auch gleichzeitig zur Bildung von Oligarchien, die mit großem Einfluss auf die politische Ebene Korruption und Vetternwirtschaft weiter förderten und das Land sozial tiefer spalteten. Der seit 1994 amtierende Präsident Kutschma, durch die Verfassungsreform von 1996 in seinen Kompetenzen erheblich gestärkt, öffnet sein Land während seinen Amtszeiten bis 1999 und 2004 sein Land wirtschaftlich hin zur Europa, ging aber gleichzeitig auch Waffen- und Bündnisverträge mit Russland ein. Um die Blockadepolitik von Altkommunisten und Linken-Bündnissen im Parlament („Warchowna Rada“) zu verhindern schloss sich ein Bündnis aus Liberalen, Rechten, und Konservativen zusammen und eine neue Figur betrat die politische Landschaft. Der ehemalige Nationalbank-Chef Wiktor Juschtschenko wurde 1999 zum Ministerpräsidenten gewählt. Im April 2001 wurde Juschtschenko mit einem Misstrauensantrag von Kommunisten, Sozialisten und weiteren oppositionellen Parteien gestürzt, Nachfolger wird zunächst Anatolij Kinach, gefolgt im Jahre 2002 von Wiktor Janukowitsch. Damit betreten die Kontrahenten der orangenen Revolution die Bühne. Der Europa-Orientierte Juschtschenko, der auf eine Wählerbasis im Norden und Westen bauen kann, und der Russlandorientierte Janukowitsch, dessen Wahlvolk hauptsächlich im Süden und Osten des Landes beheimatet ist. Trotz mehrerer Skandale um Präsident Kutschma kann dieser das Maximum von zwei Amtszeiten voll ausschöpfen, bevor es das Amt des Präsidenten im Jahre 2004 neu zu besetzen gilt. Die Anwärter: Wiktor Juschtschenko, Vorsitzender des Oppositionsblocks „Unsere Ukraine“ und Wiktor Janukowitsch, Vorsitzender der „Partei der Regionen“. Im ersten Wahlgang trennen die beiden Kontrahenten nur zehntel von Prozenten, während Janukowitsch bei der Stichwahl im November 2004 deutlich siegt. Schnell formieren sich Proteste im Land und erste Manipulationsvorwürfe werden schon am Wahlabend laut. Folgend versammeln sich vor allem in der Hauptstadt Kiew hunderttausende Menschen auf dem Majdan Nesaleschnosti (Platz der Unabhängigkeit)und demonstrieren für Juschtschenko und eine Wiederholung der Wahl. Sie tragen die Farbe seines Oppositionsblockes: Orange. Während auf politischer Ebene weiter gerungen wurde und das Parlament die Annullierung s zweiten Wahlganges ablehnte, erklärte das Oberste Gericht der Ukraine am 3. Dezember die Stichwahl wegen systematischer Fälschungen für ungültig und ordnete in seinem Urteil eine Wiederholung der Stichwahl für den 26. Dezember an, bei der dann Juschtschenko mit knapp 52 Prozent der Stimmen gewann und am 23. Januar 2005 in sein Amt eingeführt wurde. Aber auch nach der „erfolgreichen Revolution“ kam das Land nicht zur Ruhe und eine weiter Person rückte zunehmend in der Vordergrund. Bei den Parlamentswahlen 2006 erlitt die Partei Juschtschenkos große Stimmenverluste, besonders an den Block Julia Timoschenko, die zuvor die Präsidentschaftskandidatur Juschtschenkos unterstütze. Sie wurde zweitstärkste Kraft nach Janukowitsch Partei der Regionen. Mithilfe einer Koalition von Juschtschenkos Volksunion unsere Ukraine und den sozialistischen Parteien 2007 sollte Timoschenko zur Ministerpräsidentin gewählt werden. Diese Koalition zerbrach aber schon vor der Wahl im Parlament und Juschtschenkos Partei ging ein Bündnis mit Janukowitsch ein, so dass dieser am 6. August 2006 zum Ministerpräsidenten gewählt wurde. Nach einer erneuten Parlamentsauflösung im Jahr 2007 wurde Julia Timoschenko schließlich zur Ministerpräsidentin ernannt. Bei den regulären Präsidentschaftswahlen im Januar 2010 wurde Juschtschenko mit nur noch 5,5 Prozent abgestraft. Eine Stichwahl fand zwischen Julia Timoschenko und Wiktor Janukowitsch statt, die dieser mit knapp 49 Prozent der Stimmen gewann. Am 11. Oktober 2011 wurde Julia Timoschenko schuldig gesprochen und verurteilt. Die Vorwürfe an sie lauteten: 1. die zweckfremde Verwendung von Einnahmen aus dem Handel mit Kohlendioxid-Rechten, 2. der Kauf von Rettungswagen zu überhöhten Preisen, 3. Amtsmissbrauch bei der Aushandlung von Verträgen über die Lieferung von Erdgas mit Russland. Die Verurteilung wird allgemeinhin als politisch impliziert betrachtet und von westlichen Vertretern sowie Menschenrechtsorganisationen stark kritisiert. Am 28. Oktober 2012 fanden in der Ukraine erneut Parlamentswahlen statt. Aufgrund eines neues Wahlrechts erhielt Janukowitsch’s Partei deutlich mehr Sitze, als ihr relativ zustehen würden. Die Opposition wurde so erheblich geschwächt. Zum Ministerpräsident wurde Mykola Asarow von der Partei der Regionen gewählt.
Mit diesem Hintergrundwissen trat ich also im September 2013 meinen Aufenthalt in der Ukraine an und gewann seither neue Kenntnisse hinzu, die mein Bild von der politischen Situation in der Ukraine vervollständigten. So lernte ich die Meinung vieler Ukrainerinnen und Ukrainer über ihren amtierenden Präsidenten kennen. Viele, natürlich vor allem ihm gegenüber kritisch eingestellte Menschen, machen sich oft über ihn lustig. Bezeichnen ihn als einen Kleinkriminellen, denn tatsächlich hat Janukowitsch ein Vorstrafenregister vorzuweisen, das Diebstahl und Körperverletzung beinhaltet. Korruption und Vetternwirtschaft sei aus ihrer Sicht daher nur Zeugnis seines Charakters. Gleichzeitig sei er nur eine Marionette der „wahren Kriminellen“ und Oligarchen, denn er betreibe eine Politik für die Klientel des Großindustriellen vor allem im Osten des Landes, wo er auch selbst geboren wurde, nämlich in Donezk. Ebenso sind viele begnügt darüber, dass der Präsident offensichtlich nicht des Ukrainischen mächtig ist, wie sich bei seinen Neujahrsansprachen offenbart, wo er Wörter falsch ausspricht oder sie durch russische ersetzt. Dieses Bild eines doch recht dümmlichen, ungebildeten Präsidenten mit einer kriminellen Ader spiegelt die Auffassung über seine Person durch die kritischen Stimmen des Lands und seine Gegner wieder. Wie viel darüber beispielsweise in der westlichen und nördlichen Ukraine verbreitet ist, oder ob die Vorwürfe an ihn dort noch stärker und vielfältiger ausfallen kann ich nicht genau sagen, da ich mich bis jetzt ausschließlich im Osten und Süden des Landes aufgehalten habe. Jedoch könnte ich mir vorstellen, dass die Vorwürfe an ihn und das Bild, das über ihn verbreitet wird dort noch sehr viel intensiver ausfallen. Die hier aufgegriffenen Aussagen stammen alle von Privatpersonen, mit denen ich unmittelbar zu tun hatte und von denen fast alle enge Kontakte in die EU pflegen und so dem pro-russischen Kurs Janukowitsch’s ohnehin nicht zugeneigt sind. Meiner Meinung nach muss man auch hier vorsichtig sein, nicht zu einseitig über Janukowitsch zu berichten. Zu schnell versinkt man in stereotype Annahmen und Beschuldigungen und beschwört ein Feindbild herauf. Denn was mich bisher sehr beschäftigte, ist die Art der deutschen und europäischen Berichterstattungen zu den Protesten, die seit November 2013 im Gange sind. Anfangs noch sehr einseitig, wurden Proteste beschrieben, die auf eine Annahme hinauslaufen: Das unterdrückte Volk eines Landes wehrt sich gegen seinen diktatorischen und russlandfreundlichen Präsidenten. Oppositions- und Wortführer der Proteste sei ein berühmter Profiboxer, der für einen aufgeklärten und demokratischen Pro-Europäischen Kurs stehe. Derartig lassen sich die meisten der Schlagzeilen zusammen fassen. Und dabei deckte sich kaum etwas mit meiner bisherigen Wahrnehmung. Denn als erstes darf man keinesfalls vergessen, dass Janukowitsch immer noch gewählter Präsident der Ukraine ist. Die Kritik an seiner Amtsführung mag noch so berechtigt sein und sein Vorgehen gegen die Demonstrationen noch so unangemessen, aber es ist einfach falsch zu behaupten, dass der Präsident keine Anhänger im Land habe. Bestes Beispiel hierfür ist die Tatsache, dass ich in Odessa, also im Süden des Landes zu keiner Zeit den Eindruck hatte, als wären die Menschen gegen Janukowitsch eingestellt. Keine Demonstrationen und Kundgebungen, keine Krawallen. Zunächst sprachen die Menschen noch nicht einmal über das Thema, als es schon in den deutschen Medien seit Wochen fester Teil der täglichen Berichterstattung war. Für mich taten sich erhebliche Zweifel auf, wie viel ich der Berichterstattung glauben konnte. Ohne Zweifel, meine Sicht beschränkte sich nur auf einen kleinen Teil des Landes, aber dennoch nahm und nehme ich es nicht so war, als sei eine Landesweite Revolution im Gange. Nun, seit Januar, das ist war, dringen die Proteste auch aus Kiew und dem Westen und Norden immer mehr in die übrigen Landesteile, aber in welchem Umfang? Neulich erfuhr ich von meiner Russischlehrerin etwas, was mich sehr überraschte. Eigentlich hatte ich sie als Gegnerin Janukowitsch eingeschätzt. Während unserer Unterrichtsstunden äußerste sie mehrmals kritische Stimmen zum russlandorientierten Kurs des Präsidenten und seiner Politik und plädierte für einen möglichst schnellen EU-Beitritt, der dem Land aus ihrer Sicht einen erheblichen Aufschwung bringen würde, die Korruption im Land stoppe und das politische System mehr demokratisieren könnte. Außerdem ist durch ihre Kontakte ins Ausland und zu Ausländern, vor allem nach Deutschland, sehr eng mit Westeuropa verbunden. Durch die neuen Gesetzte die Janukowitsch im Dezember unterzeichnete, wurde nicht nur die Versammlungs- und Demonstrationsfreiheit eingeschränkt, sondern auch der Kontakt mit Ausländern und ausländischen Behörden im Land wird strenger kontrolliert. Daher, so erfuhr ich es, stritt sich unsere Lehrerin mit der Schulleitung, da sie sich nicht so streng kontrollieren lassen wollte und verlor ihre Anstellung an einem städtischen Gymnasium. Trotz dieser Umstände kam ich trotzdem neulich in einer Tram mit ihr ins Gespräch. Sie erzählte mir, dass am Morgen in dieser Straßenbahn eine Frau der kommunistischen Partei eine Kundgebung gegeben habe und zu Protesten gegen Janukowitsch aufrief. Das habe sie an alte Sowjetzeiten erinnert. Sie sprach daraufhin auch davon, dass in einem Odessa-Blog im Internet vor „Extremisten“ gewarnt worden sei, die städtische Behörden besetzen wollten. Bei einem Gegenaufruf seien hätten sich aber ca. 3000 Bürger der Stadt schützend vor diese gestellt, da sie keine Krawallmacher in ihrer Stadt dulden würden. In der Annahme sie beziehe sich auf Kommunisten, fragte ich, um welche „Extremisten“ es sich handle. Sie antwortete mir, sie meine diese aus dem Westen der Ukraine, die nun in Zügen durch das Land geschickt würden, um Unruhe zu stiften. Ich kann diese Aussage nicht überprüfen, aber eines wird hier wieder deutlich. Meine Lehrerinn ist bestimmt nicht sonderlich Janukowitsch-freundlich eingestellt, was aber wiederum nicht bedeutet, dass sie die Bewegungen der sogenannten Oppositionellen, wie sie jetzt geschehen billigt. Denn es ist alles andere als schwarz-weiß, nicht Gut gegen Böse, so wie es oft dargestellt wird. Die Oppositionsbewegung ist sehr vielschichtig, wie ich seit meiner Ankunft immer mehr verstehe. Die Kommunisten zum Beispiel verfolgen ganz eigene Ziele, sind mal oppositionell, mal regierungstreu, momentan besetzen sieangeblich in Teilen des Landes eigene Verwaltungs- und Regierungsgebäude. In Deutschland hingegen viel bekannter, sind die Anhänger der inhaftierten Julia Timoschenko, die ebenfalls der Opposition angehören und weite Teile der Demonstrationen organisieren. Die ehemalige Ministerpräsidentin ist zum Symbol der Menschenrechtsverletzungen, des Demokratieabbaus und des Machtmissbrauchs des Präsidenten geworden und zur Ikone stilisiert. Mir persönlich ergibt sich oft der Eindruck, als würden viele in Westeuropa denken, die ukrainische Opposition bestehe nur ihren Anhängern, den „Erben der orangenen Revolution“, die friedlich gegen das Regime Janukowitschs demonstrieren, die Ablösung des Präsidenten fordern und eine EU-freundlichere Politik. Das mag alles wahr sein, spiegelt aber nicht alle Gruppen wieder, die sich momentan ebenso als Opposition bezeichnen. Wie fast bei jeder Unruhe, die ein Land erfasst, versuchen immer Radikale möglichst viel Kapital aus der Unsicherheit und Instabilität des Landes zu schlagen. Neben den Kommunisten tun dies auch rechte Gruppen, vor allem die rechts-nationalistische Swoboda (Freiheit) Partei spielt eine erhebliche Rolle. In ihr versammeln sich viele radikale Nationalisten, die auch vor Gewalt nicht zurück schrecken. Ebenso gewaltbereit sind weiter Gruppen von Randalieren oder Hooligans, denen der momentane Auflauf genügend Möglichkeiten zur Ausübung krimineller Aktivitäten und Krawallen bietet. So fürchtet meine Lehrerin nicht einen Machtwechsel oder steht auf Seiten Janukowitsch, sondern ihre Angst und ihr Ärger beziehen sich auf den gewaltbereiten Teil, der zur Zeit auf den Straßen unterwegs ist und dessen Folgen Chaos und Gewalt sind. Ebenfalls auf der Straße und oppositionell ist Vitali Klitschkos Partei Udar („Schlag“). Aber er kann und darf nicht, wie es oft in den westlichen Medien geschieht, als der Oppositionsführer gesehen werden. Er besitzt eine große Popularität und viele Kontakte in der EU, aber dennoch ist er ein Newcomer in der ukrainischen Politik mit wenig Erfahrung und noch weniger Einfluss in die vielfältige Opposition des Landes. Und noch weniger darf man von ihm wohl verlangen oder erwarten, dass er Führer einer einheitlichen Protestbewegung ist, die es aufgrund ihrer Meinungs- und Interessenpluralität wohl gar nicht geben kann. Die Leute, mit denen ich in der Ukraine bisher darüber sprach sehen die Rolle Klitschkos eher als Sprachrohr zum Westen, aber nicht als Anführer. Bei den letzten Parlamentswahlen erhielt seine Partei knapp 15 Prozent der Stimmen und lag damit noch hinter dem Block von Julia Timoschenko. Innenpolitisch darf man seiner Protestbewegung wohl nicht zu viel Einfluss zurechnen. Seit Januar hat sich, was die Proteste angeht auch in Odessa ein wenig verändert, obwohl es hier immer noch sehr ruhig. Die Menschen auf den Straßen reden nun vermehrt, über das, was im Land geschieht. Öfters hört man in der Maschrutka oder Elektritschka Menschen diskutieren und Namen fallen. Einmal verglich ein älterer Mann Janukowitschs Situation sogar mit der Gorbatschows zum Ende der UdSSR. Aber wohl auch aus Angst vor Unruhen und Aufständen, wie bei meiner Lehrerin, scheint eher eine passive Stimmung verbreitet. Ich habe die Vermutung, dass auch deshalb viele weiterhin zu Janukowitsch halten könnten, und deshalb kaum etwas von einer Wechselstimmung zu spüren ist. Aber eine Veränderung der letzten Monate muss ich dennoch feststellen. Ich glaube, dass das Interesse für Politik doch gerade bei jungen Menschen durch die Proteste zugenommen hat. Sprach ich noch vor etwa vier Monaten mit einigen Schülern des Deutschkurses an einer Sprachschule über das Thema Politik und stieß auf eine sehr desinteressierte und negative Haltung, so sehe bemerke ich doch nun, dass viele Jugendliche und junge Erwachsene wenigstens die Ereignisse vor allem auf dem Majdan verfolgen und auch darüber diskutieren. Spätestens seit die anfangs friedlichen Proteste im Dezember umschlugen und nun sowohl extreme polizeiliche, als auch Gewalt von Demonstranten zu beklagen ist. Aus der freikirchlichen Gemeinde der Stadt heraus, die mich durch meine Arbeit ständig umgibt, registriere ich vor allem Gebete, auch von den Kindern vor dem Mittagessen für die Ukraine und in den sozialen Medien werden Bilder verbreitet auf denen aufgefordert wird für die Ukraine zu beten. Seit November überschlugen sich die Ereignisse. Aus einfachen und friedlichen Protesten in Kiew und im Westen des Landes für einen pro-europäischen Kurs, nachdem Verhandlungen über Verträge mit der EU auf Eis gelegt wurden, und den Rücktritt des Präsidenten, wurden große Massendemonstrationen, die sich mittlerweile über fast das gesamte Land verteilen. Der Präsident Janukowitsch verliert zusehend an Rückendeckung und selbst die Unterstützung Russlands scheint angesichts der Gewalt und den außenpolitischen Konflikten vor den olympischen Winterspielen in Sotchi nicht mehr sicher. Was mir vor allem in den letzten Monaten klar wurde, ist, dass die Ukraine zwischen zwei Machtblöcken liegt, die das Land vor allem außenpolitisch prägen: Die EU und Russland und innenpolitisch zum historischen Dauerkonflikt des Landes seit seiner Neugründung 1991 beitragen. Das Land steht von innen her zerrissen da und droht von außen zerrissen zu werden, da sich langfristig keine Lösung anbahnt. Die Ukraine ist ein Land, was historisch gesehen, immer von einer gesellschaftlichen, kulturellen und politischen Vielfalt geprägt war. In seiner jetzigen Form existiert es erst seit etwas mehr als zwei Jahrzenten erneut. Zuvor entstand es als Produkt des Nationalismus des 19. und 20 Jahrhunderts nach dem ersten Weltkrieg erstmals neu und eigenständig, bevor es in die UdSSR überging. Das Land steckt meiner Meinung nach in einer Identitätskrise aus der es nicht herausbrechen kann, wenn es weiter einen entweder pro-europäischen oder nur einen pro-russischen Kurs fährt. Es muss seine eigene Identität finden und die innenpolitischen Probleme alleine lösen. Dieses erweist sich aber so lange als Schwierigkeit, bis die Mächte Russland und EU nicht aufhören die Ukraine als Spielball ihrer Machtkämpfe zu missbrauchen. Die jetzigen Proteste sind Entladungen genau dieser Identitätsprobleme. Aber auch Ergebnisse einer politischen Kultur, deren Fehler in einer Kette von Korruption, Machtmissbrauch und Vetternwirtschaft stecken, die bisher von allen Machthabenden praktiziert wurden. Parallelen zu der orangenen Revolution sind in den Ereignissen nur bedingt zu finden. Es ist wieder die westliche und nördliche, pro-europäische Ukraine, in denen die Proteste begonnen haben. Es gibt aber im Gegensatz zu damals keine geschlossene oppositionelle Front, die heute nur in einem Teil aus Politikern der ehemaligen „orangenen Revolution“ besteht. In den jetzigen Protesten, so meine Einschätzung, steckt das Potential eines Bürgerkrieges, nicht das einer Revolution, denn dafür stehen noch zu viele auf Seiten Janukowitschs, denn eben dieser ist Vertreter eines Teils der Ukraine, der traditionell russlandfreundlich ausgerichtet ist. Die Person Janukowitsch würde verschwinden, aber deshalb ist noch lange nicht der Grundkonflikt des Landes gelöst. Eine Seite würde die Macht übernehmen die andere Seite würde zu protestieren anfangen.
Ich konnte meine Erkenntnisse durch die aktuellen Ereignisse sowohl was die politische Kultur, als auch die politische Situation und Zusammensetzung des Landes angeht in den letzten Monaten um ein Vielfaches erweitern und musste dabei einsehen, dass diese Thematik so vielschichtig und als Außenstehender schwer zu durchdringen ist, dass ich die Ereignisse hier wohl nie ganz verstehen werde, aber Wohl ihre Aussagekraft und Wirkung in Anbetracht meiner Kenntnisse zunehmend besser beurteilen kann. Ich spreche als Ausländer aus einem bestimmten Teil des Landes und weiß daher auch um die Begrenztheit meines Reflexionsvermögens bei diesem heiklen und schwierigen Thema. Dennoch bilde ich mir meine Meinung aus dem, was ich sehe, höre, lese und erlebe. Und das wohl um ein vielfaches mehr, als ich es in Deutschland hätte tun können und vor allem auch auf eine andere Weise. Denn auch ich bin nun betroffen und werde von den Ereignissen mitgerissen. Sie politisieren mich immer mehr, auf eine neue Art, die ich bisher kaum kannte. Nicht meine Meinung zu politischen Geschehnissen ist betroffen, sondern die Art, wie ich sie wahrnehme und erlebe.

Zum Ende noch ein Link zu einem Artikel der ZEIT, der mit einigen Irrtümern über die Proteste, die durch die Berichterstattung in Deutschland hervorgerufen wurde, aufräumt: http://www.zeit.de/politik/ausland/2014-01/ukraine-kiew-klitschko-eu-janukowitsch-revolution-7-thesen

Doppelt gefeiert ist doppelt gefreut

Etwas verdutzt und auch nachdenklich musste ich am Morgen des 1. Januar feststellen, dass nicht nur ein neues Jahr angebrochen war und noch völlig neu und unbeschrieben vor mir liegt, sondern auch ein Altes vergangen ist, wie ich es mir noch zur selben Zeit 12 Monate zuvor nie hätte erträumen können. Jetzt genau, 365 Tage zurück blickend, kommt es mir fast absurd vor: Schule, Abitur, und was danach? Ich habe mich entschieden und bereue nichts. Im Januar 2013 fasste ich den Entschluss zu gehen und mein Zuhause, meine Familie, meine Freunde, mein „altes Leben“, hinter mir zu lassen. Und jetzt? Lag es damals noch in weiter Ferne und standen zunächst noch andere Aufgaben und Pflichten an, befinde ich mich nun mitten drin. Je mehr ich darüber nachdenke, desto klarer wird mir auch, dass ein solches Jahr viel kürzer ist, als es eigentlich verdient hat. In diesem Augenblick hat sich vielleicht schon ein anderer junger Mensch bei der Diakonie Württemberg beworben, der im September meine Stelle in Odessa antreten wird, und ich werde schon wieder irgendwo neu starten müssen. Dies stimmt mich freudig und traurig zugleich. Denn trotz allem muss ich gestehen, dass ich Deutschland, mein Zuhause, sogar das beschauliche Coesfeld und natürlich die Menschen, die mir am nächsten stehen sehr vermisse. Eine Tatsache, der ich vor einem Jahr zwar bewusst ins Auge sah, aber dennoch erst jetzt wirklich in seiner Tragweite erfahren und verstehen kann. Die Weihnachtstage in Deutschland verdeutlichten mir nochmal, wie schön und wertvoll es ist, ein zu Hause zu besitzen, zu dem man zurückkehren kann und in dem man mit offenen Armen empfangen wird. So betrachtet wird Heimweh zu einen äußerst positiven Gefühl, um das einen viele Menschen auf der Welt wohl beneiden, zeigt es doch nur, dass man nicht alleine ist, und es Menschen gibt, die hinter einem stehen. Ich bin nicht unbedingt eine Person, die offen zeigt, was sie empfindet, sondern es lieber wohlgeordnet und durchdacht zu Papier, oder in diesem Fall sonst wie schriftlich zu Worte bringt: Danke an meine Familie und Freunde, die mir eine so tolle und erholsame Woche in Deutschland bereitet haben! Ihr stärkt mir den Rücken und habt auch dazu beigetragen, dass ich mich wieder kraftvoll und mit einem guten Gefühl nach Odessa aufmachen konnte. Und genauso danke ich den Menschen hier, die es mir leicht machen zurück zu kommen. Vor allem Franziska und den tollen Kindern, die ich mittlerweile so ins Herz geschlossen habe, dass ich mich schon vor dem Abschied fürchte. Aber das hat zum Glück noch seine Zeit. Was ich in den nächsten verbleibenden noch ca. acht Monaten erleben werde, ist genauso spannend wie ungewiss, ihr könnt es aber sicher weiterhin auf meinem Blog verfolgen 🙂 Nun aber doch erstmal ein kleiner Rückblick in die Vergangenheit, auf den Dezember 2013:

IMG165Der Advent fand seinen Weg vom milden Deutschland durch die Kälte nach Odessa, wo doch eigentlich, wie in allen russisch-orthodox geprägten Gegenden erst am 6. Januar Weihnachten gefeiert wird und brachte den vertrauten Duft von Gebäck, Zimt, Tannen, Kerzen und zur meiner Freude auch Glühwein (!) mit sich. Denn diesen durfte ich glücklicherweise auf dem Weihnachtsmarkt der Deutschen Evangelisch-Lutherischen Kirche im Zentrum von Odessa genießen. Mit dem Geschmack von Bratwurst und Glühwein im Mund lässt es sich doch zur Weihnachtszeit in einem fremden Land gleich viel besser aushalten. Und sowieso vernahm ich während des gesamten Dezembers vertraute, heimatliche Klänge. In den Tageszentren von Shiwa Nadija fanden neben den russischen Weihnachtsliedern, auch deutsche ihren Platz. Sogar in manchen Einkaufszentren und Straßen konnte man dem Gesang von „Oh Tannenbaum“, „Schneeflöckchen, Weißröckchen“ oder „Stille Nacht“ vernehmen. Selbst ich versuchte mehr oder weniger erfolgreich einigen Kindern Weihnachtsliedern auf dem Klavier beizubringen. Dabei erfreute sich „Jingle Bells“ einer besonders großen Popularität, auch da es mit russischem Text für die Weihnachtsfeier, von der ich später noch ausführlich berichten werde, so kam es mir zumindest vor, pausenlos durch die Räume schallte und ich meine Entscheidung den Kindern zum Gesang auch noch die Musik zu liefern schon nach spätestens einer Woche etwas bereute. Dennoch legte sich eine friedliche und weihnachtliche Atmosphäre über die Tageszentren, so dass die Vorfreude auf das Fest stetig stieg. Adventskalender, Weihnachtsbäume, Adventskränze, Krippen, Lebkuchen und Spekulatius, nichts musste man missen. Bastel- und Backaktionen sorgten für reich geschmückte Räume, beklebte Fenster und versüßten das Warten. Privat durfte ich mich  am 6. Dezember sogar über einen Schokoladen-Nikolaus in meinem Schuh freuen und gelegentliche Stromausfälle und Warmwasser- Engpässe sorgten für entspannte Abende bei Kerzenschein am Gasherd.

Ebenso adventlich gestaltete sich ein aufwendig inszeniertes Weihnachtsvorspiel der deutschen Klassen im Gymnasium 7 unter der Leitung unserer engagierten Lehrerin Irina,  bei dessen Aufführung niemand geringerem als mir die Ehre zu Teil wurde, die Hauptrolle zu übernehmen. Da die Rolle des griesgrämigen Weihnachtsmannes mir doch ohnehin wie auf den Leib geschneidert scheint, war es ja auch wohl keine Überraschung, dass die Inszenierung ein voller Erfolg wurde und ihre Darsteller mit großem Applaus belohnt wurden 😉 Die Kritiken fielen, wie sollte es denn auch anders sein, äußerst positiv aus, so dass Franziska, die ebenfalls eine Rolle bekleidete, und ich mit großzügigen Geschenktüten und selbstgebackenden Plätzchen, die eine begeisterte Elternschaft stiftete, versorgt wurden und geruhsam und wohlgenährt unseren einwöchigen Heimatbesuch antreten konnten.

Pünktlich zum Jahresabschluss wieder zurück in der Ukraine, konnten wir an den großen Silvesterparties der Stadt teilnehmen. Da das traditionelle Weihnachtsfest erst nach dem neuen Jahr stattfindet (die Feiertage wurden ironischer Weise aus dem julianischen-Kalender nach russisch-orthodoxen Vorbild entnommen, der Kalender selbst aber nicht), wird Neujahr als das eigentlich große Familienfest gefeiert, inklusive Geschenken. So kam auch meine Babuschka in den Genuss einer neuen Wolldecke und Pralinen aus Deutschland, die sie sich durch geheime Aufräum-Aktionen in meinem Zimmer, während ich meine Arbeitsstätte aufsuchte, redlich verdient hat. Im Herzen der Altstadt auf dem Primorska Boulevard, direkt vor dem Rathaus, wurde anlässlich des Festes eine große Open-Air Bühne errichtet, auf der  den ganzen Abend bzw. die ganze Nacht lang Livemusik gespielt wurde. 1058693_531898220251403_2036250199_nDer große Countdown wurde ebenfalls dort übertragen und von tausenden Bewohnern und Gästen der Stadt unter großem Jubel herunter gezählt. Den ersten Teil des Abends verbrachten wir bei einer kleinen Privatparty, während wir pünktlich zum neuen Jahr auf die Straße traten, wo dasselbe schon lauthals durch diverse Feuerwekskörper, an deren Lautstärke und Druckwelle gemessen, wohl nur die Hälfte in Deutschland zugelassen wäre, angekündigt wurde. Ohnehin ließen es sich viele nicht nehmen, ihre frisch erworbenen Knallwerke schon ab Anfang Dezember ausgiebig, besonders gerne nachts ab Mitternacht, innerhalb der Woche, zu testen. Und selbst jetzt, Mitte Januar, vernehme ich noch ab und zu einige laute Explosionen draußen vor meinem Fenster, die mich aus dem Schlaf reißen.

Am 6. Januar war es dann endlich soweit. Die Erfüllung eines lang ersehnten Kindheitstraumes: Das unbeschreibliche Glück, ein zweites Mal Weihnachten zu dürfen! 🙂 Das ganze gestaltete sich dann aber doch nicht ganz so, wie ich es mir vielleicht als 6-Jähriger vorgestellt hätte. Der Großteil meiner Weihnachtsstimmung erwies sich bereits als verflogen bzw. verbraucht und Geschenke gab es, zumindest für mich, fast gar keine mehr. Aber das war auch gar nicht nötig, schließlich standen so bei diesem Weihnachtsfest für uns ganz die Kinder und Jugendlichen aus dem Tageszentrum im Mittelpunkt. Während ich am „Heiligabend“ (6. Januar) wie jeden Montags Fahrgast in der Elektritschka nach Petrovka sein durfte und einen fast normalen Arbeitstag verrichtete (nur mit verkürztem Ende), stand der nächste Tag bereits voll und ganz im Zeichen des Festes der Geburt Christi. Ein lang vorbereitetes und hartnäckig erprobtes Krippenspiel mit der Weihnachtsgeschichte im Form eines Fernsehinterviews, einstudierte Weihnachtslieder (natürlich mit dabei: „Jingle Bells“ aus Russisch), Geschenken, Gebäck und Familienfotos unter dem reich geschmückten Weihnachtsbaum versetzte die eingeladenen Eltern, Geschwister, Freunde Großeltern, Tanten, Onkels etc. und auch mich erneut in weihnachtliche Stimmung und verbreiteten eine friedliche und familiäre Atmosphäre.1080781_531898566918035_636478844_n 1241431_531898750251350_1035998403_n Nach der  gelungenen und sehr Unterhaltsamen Inszenierung der Geburt Jesu mit den Kindern in der Hauptrolle, durften sich alle reich beschenken lassen und konnten nach nach einem gemütlichen Beisammensein glücklich den Weg nach Hause antreten. Am Mittwoch besuchten Franziska und ich die Weihnachtsfeier in Petrovka und bekamen noch einmal eine fantastische Vorstellung des Weihnachtsspiels geboten. Dieses mal allerdings mit Schauspielern besetzt, was dem erneuten Erfolg der Aufführung aber keineswegs im Wege stand.1555610_531899346917957_248754398_n Alle Kinder müssen an dieser Stelle ganz dick gelobt werden und können in Zukunft gewiss auf eine Karriere in Hollywood hoffen, zumindest hätte es sich ein jeder verdient. So wurden auch am nächsten Tag, bei so einer Leistung muss es einfach ein drittes Mal geben, alle Schauspieler und Sänger mit großem Applaus in einem nahelegenden Altenheim in Odessa gekürt, bevor sie den dortigen Bewohnern kleine, vorbereitete Geschenke überreichen konnten. So kam es auch, das in mir in dieser Woche, 13 Tage später, doch noch einmal Weihnachtsstimmung aufkam, die ich diesmal nicht mir meiner Familie teilte sondern mit den Kindern von „Shiwa Nadija“, die ich inzwischen sehr lieb gewonnen und mir hier zu einer Art Familie geworden sind 🙂 Am folgenden Samstag stand noch ein gemeinsamer Restaurantbesuch aller Kinder aus den drei Tageszentren etwas außerhalb von Odessa an, in dessen Programm ein Puppentheater und ein Schokoladenbrunnen die Highlights bildeten.IMG158 Danach war dann doch leider Schluss mit Weihnachten, sogar für mich, wobei ich mir ein drittes Fest durchaus vorstellen können. Dies schreibe ich mir dann wohl auf meine Wunschagenda 2050 für meine Zeit als Bundeskanzler 😉

Das war es erstmal aus dem nun nicht mehr so weihnachtlichen Odessa. Nächste Woche wird es wieder richtig kalt. Mir graust es schon. Im Februar besuchen Franziska und ich zunächst Lemberg und machen uns dann weiter nach Krakau (Polen) auf. Urlaub muss auch mal sein. Ich werde versuchen davon noch im Februar zu berichten.

Winterliche Grüße und bis bald!

Euer Timo alias Santa Graus

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PS: Neue Fotos gibts wie immer auf meinem Flickr-Fotostream, am unteren Ende meines Blogs 😉

Ein Riss geht durch das Land

Nach einem Monat unfreiwilliger Schreibpause, da ein 12-seitiger Bericht für die Diakonie Württemberg aufgrund seiner nahenden Abgabefrist höhere Priorität hatte, finde ich nun endlich wieder Zeit meinen Blog mit neuen Inhalten zu füllen. Und es ist viel passiert in der Ukraine, wie viele von euch sicher schon in den Medien vernommen haben. Odessa ist nicht Kiew. Zum Glück! Sonst würde ich mich wohl schon gegen meinen Willen auf dem Weg nach Deutschland befinden. Die Situation hier empfinde ich als äußerst spannend, aber auch schwierig zu beurteilen. Abseits von Deutschland und seiner medialen Berichterstattung bietet sich mir nun die einmalige Gelegenheit, als „Augenzeuge vor Ort“ meine Sicht auf die Geschehnisse darzulegen. Und was muss ich feststellen?

In Odessa ist es so ruhig, dass ich nicht das Geringste von den Protesten mitbekomme. Hier im Süden und Osten der Ukraine ist auch zugleich die Hochburg des Präsidenten Janukowytsch und die Menschen, die in diesem Teil des Landes leben, scheinen hauptsächlich nicht regierungskritisch eingestellt zu sein, obwohl wohl bei vielen, vor allem junge Erwachsene, eine vollkommende Politikverdrossenheit einhergeht. Im September sprach ich noch in der Sprachschule mit den Deutsch-Lernenden über das Thema Politik und stieß auf eine große Wand aus Desinteresse und Abneigung. Aber es war eine andere Verdrossenheit, als ich sie aus Deutschland, besonders von Gleichaltrigen gewohnt bin. Sie saß viel tiefer und die Distanz dieser jungen Menschen zu dem Thema war viel größer und vor allem grundsätzlicher. Und es war auch keine, die etwa dem Alter verschuldet war, nein, ich verspürte sie bei fast allen Menschen in der Ukraine, mit denen ich bisher über dieses Thema sprach. So beleuchtete mir ein etwa 30 Jahre alter Taxifahrer, der uns eines nachts aus der Altstadt in unseren Bezirk chauffierte, seine Sicht auf die Situation seines Landes. Nach dem zweiten Weltkrieg lagen Deutschland und die Ukraine beide gleichermaßen am Boden und waren zerstört. Nur Deutschland habe sich durch Fleiß und ein funktionierendes Staatswesen zu einem modernen und wohlhabenden Land entwickelt, die Ukraine nicht. Sie sei vielmehr immer auch Opfer ihrer politischen Führung gewesen und habe nicht gesund wachsen können. Und nun seien beide Länder grundverschieden. Das eine reich, das andere arm. Eine Analyse, die sicherlich faktisch und argumentativ den historischen Gegebenheiten gegenüber recht vage und einseitig ist und viele Aspekte und Umstände, denen beide Länder unterlagen außen vor lässt, aber die dennoch eins verdeutlicht. Nämlich die Denkweise vieler ukrainischer Menschen und ihre Unzufriedenheit über ihr eigenes Land und denen, die dessen Geschicke lenken. Besonders einfach geht dieses von der Hand, wenn man sich mit anderen Ländern vergleicht, aber das ist es aus meiner Sicht gerade nicht. Nun gut, an dieser vielfach eingebrachten Rhetorik lässt sich wenig ändern und ich kann sie verstehen, wenn die Menschen in ihrem eigenen Land Missstände entdecken, die es scheinbar in einem anderen nicht gibt.

Zwar kann ich schlecht beurteilen, was im Rest des Landes passiert, aber von dem ausgehend, was ich weiß, wird auch nur in Kiew demonstriert. Grundsätzlich konnte ich in Odessa nur einige Kritische Stimmen zum Scheitern der Freihandelsgespräche mit der EU vernehmen, aber keine harten Regierungskritischen Positionen, geschweige denn eine revolutionäre Stimmung. Hier ist alles ruhig. Persönlich gewinne ich den Eindruck, dass man der westeuropäischen Berichterstattung nicht unbedingt zu hundert Prozent Glauben schenken sollte. Es mag zwar sein, dass vor allem im Westen und Norden des Landes viele Menschen aufgebracht sind, aber das sind auch die traditionellen Hochburgen der Opposition und ehemalige Träger der „orangenen Revolution“. In Kiew entlädt sich gerade zu einem deren Wut, andererseits auch der vieler Menschen, die sowohl mit der zunehmenden Distanz zur EU und der verstärkten Abhängigkeit von Russland, als auch mit der wirtschaftlichen und Gesamtsituation in der Ukraine unzufrieden sind. Es ist aber dennoch, wie bei der orangenen Revolution hauptsächlich nur eine Hälfte des Landes und ich vermag nicht zu beurteilen, ob diese momentan in der Mehrheit ist, obwohl, so las ich neulich auch bei der Tagesschau, es vielfach so dargestellt wird. Von einer Revolution will ich bisher aber wirklich nicht sprechen, da nicht das ganze Volk betroffen zu sein scheint, sondern vielmehr erneut ein Riss durch das Land geht.Ein alter Konflikt zwischen dem russisch-sprachigen Teil der Ukraine und dem, indem auch aus nationaler Überzeugung Ukrainisch gesprochen wird, der die ukrainische Politik seit der Unabhängigkeit von der Sowjet-Union 1991 tobt. Man ist sich uneinig über den außenpolitischen Kurs. Im Norden und Westen sprechen Historie und Kultur eher für eine westliche Orientierung. Städte wie Lemberg stehen mit ihrem europäischen Stadtbild sinnbildlich für diese Nähe, während der Süden und Osten mit großen Industriestädten wie Charkiw schon äußerlich sehr russisch anmutet. Die Ukraine ist ein junges Land, das nach dem ersten Weltkrieg erstmalig unabhängig bestehen durfte, dann wiederum schnell von der Sowjetunion einverleibt wurde, bevor sie erst 1991 wieder formell existierte. Ein Land, was wie Polen oft geteilt wurde, aber im Gegensatz zu seinem Nachbarn kaum auf eine lange nationale Geschichte zurückblicken kann. Das erschwert diesen Konflikt umso mehr. Janukowitsch steht für eine russlandorientierte Politik, die die eine Hälfte des Landes mehrheitlich befriedet, Vertreter einer pro-europäischen Politik lassen sich in den Reihen der ehemaligen orangenen Revolution mit Juschtschenko und Timoschenko. Und seit Neuestem auch in der neugegründeten Partei UDAR (Ukrainische demokratische Allianz für Reformen), was wörtlich so viel wie Fausthieb bedeutet, eines populären Profiboxers.

Vitali Klitschkos Rolle in diesem Konflikt zu beurteilen, ist ebenso nicht so einfach. Er ist momentan einer der wenigen prominenten Oppositionsführer, die auch über die Ukraine hinaus Kontakte haben und Einfluss besitzen. Dennoch scheint seine doch recht kleine Parlamentspartei, die als Protestpartei mit einem breiten und populären Programm angetreten ist und ein Ergebnis von unter 15 Prozent erhielt, von der EU einen übermäßigen Einfluss zugeschrieben zu bekommen. Klitschkos Unterstützung aus der EU als Mann des Westens macht ihn in meinen Augen nicht gerade glaubwürdiger und lässt ihn als Marionette erscheinen. Für mich ist es schwierig ihn einzuschätzen, auch da er als Politiker wenig Erfahrung besitzt und bisher auch streckenweise einen Mangel an Geschick auf diesem Feld bewies, sowohl rhetorisch, als auch organisatorisch. Insgesamt fühle ich mich in den Eindruck bestärkt, dass sich in der Ukraine eher der Machtkampf zwischen Russland und dem „Westen“ manifestiert. Was mir aber zum ersten Mal wirklich ins Auge fällt, ist, dass man unseren heimischen Medien nicht immer vollkommenen Glauben schenken sollte. Vieles wird verallgemeinert und es wird zum Teil schwarz-weiß-malerisch beschrieben. Viele Journalisten werden doch erst auf die Ukraine aufmerksam, wenn sich eine Sensation andeutet. So kommt der „Boxer gegen den bösen, Russlandgesteuerten Präsidenten“ als Schlagzeile deutlich besser bei den Leuten an und passt zusätzlich der Europäischen und deutschen Außenpolitik gut ins Konzept. Geschweige denn den Konzernen und Unternehmen, denen ein EU-Beitritt der Ukraine nutzen würde.

Neulich erfuhr ich, dass einer der Kindergärten in Odessa von Janukowytschs „Partei der Regionen“ dazu aufgefordert wurde, eine Delegation von Gegendemonstranten nach Kiew zu schicken. Dies beweist nochmal, mit welchen Mitteln der Präsident versucht, seine Position gegenüber den Demonstranten zu festigen, unterstreicht meiner Meinung nach seinen halb-autoritären Charakter und entlarvt sein Verständnis von Demokratie und Bürgerrechten. Sein Umgang mit den Demonstranten und seinen politischen Gegnern lehne ich aufgrund meiner politischen Überzeugungen strikt ab, nur warne ich davor, die Proteste in Kiew als Aufschrei eines unterdrückten Volkes gegen seinen „Diktator“ und dessen Politik zu betrachten. Janukowytsch besitzt zahlreiche Anhänger und ist durch Wahlen demokratisch legitimiert. Ein Teil der Ukraine begehrt auf und wünscht sich einen anderen Kurs. Persönlich würde ich mir den auch wünschen, aber das spielt hier keine Rolle. Ich bemerke nur, dass hier ein Machtkampf tobt, der über die Grenzen der Ukraine weit hinausgeht und das bedroht sie, so glaube ich mehr, als ihre innenpolitischen Konflikte, die sie zweifelsohne alleine lösen muss. Die Ukraine muss ihren eigenen Weg finden, und darf sich von keinen gegen ihren Willen weder an Russland noch an die EU binden lassen, solange sie sich im inneren uneinig ist. Denn dann wäre das Land endgültig gespalten.

Ich weiß nicht, was ich noch glauben soll, ich kann nur beobachten, und meine Beobachtungen bisher decken sich ganz und gar nicht mit der Berichterstattung der deutschen Medien, die ich noch immer regelmäßig verfolge. Ich entwickle meine eigene Sichtweise und bin dabei schon gar nicht für die eine, noch die andere Seite. Denn ohne Frage, die ukrainische Regierung und der Präsident verletzen Bürgerrechte am laufenden Band, Korruption ist ein großes Problem und Janukowytsch betreibt Klientelpolitik, die obendrein vor allem Russland nützt. Nur stellt sich mir die Frage, ob die andere Seite, „die Opposition“, wenn es sie denn als eine Einheit gesehen werden kann, so viel besser ist. Nach der orangenen Revolution hat sich nicht viel verbessert und es wurde einfach Politik für eine andere Klientel betrieben. So wird das Land gegeneinander aufgebracht. Eine Lösung scheint nicht in Sicht. Der neue „Hoffnungsträger“ Klitschko kann bisher keine gesamt-ukrainischen Mehrheiten hinter sich versammeln und wird von daher nicht die Ukraine nach seinem Willen reformieren können, genauso wenig, wie Janukowytsch sie einheitlich in eine Richtung lenken kann, wie sich nun wieder zeigt. Eine verzwickte Situation, in der keine Lösung in Sicht ist. Ein Riss geht durch das Land und er wird tiefer.

Ukraine broken

In der Elektritschka nach Petrovka

Es ist ja schon ein ganzes Weilchen her, dass ich mich zuletzt gemeldet habe. Es ist nicht so, dass ein völlig ereignisloser und langweiliger Oktober hinter mir liegt oder ich das Interesse an meinem Leserkreis verloren hätte. Ganz im Gegenteil! Deshalb will ich alle recht herzlich um Verzeihung bitten, die so lange vergeblich auf einen neuen Eintrag in diesem Blog gewartet haben und deren übermäßig gesteigerten Erwartungen darüber, was jetzt wohl so tolles kommen mag, das so eine lange Schaffensperiode benötigt, ich jetzt zu erfüllen versuche. Schon der gute, alte Seneca wusste: „Es ist nicht zu wenig Zeit, die wir haben, sondern es ist zu viel Zeit, die wir nicht nutzen“. In diesem Sinne will ich nicht versuchen lange Ausflüchte zu finden und mich weiter über meine bisherige Untätigkeit zu entschuldigen, sondern die Zeit, die ich jetzt habe, bewusst dahingehend nutzen, euch vom vergangenen Oktober zu berichten, der im übrigen, wie soll es denn auch anders sein, einiges Interessantes zu bieten hat.

Fangen wir am besten damit an, womit wir beim letzten Mal ebenfalls begonnen haben: Beim miesen Wetter. Ich hatte die Hoffnung schon fast aufgegeben, nach Winterjacken, weiteren dicken Pullis und Wollsocken ausschaugehalten, ich war sogar kurz davor mir das Teetrinken anzugewöhnen und jetzt scheint der gute alte Petrus doch noch ein weiches Herz bekommen zu haben und war so gnädig den armen, durchgefrorenen, von der Sonne doch sonst so verwöhnten Odessanern, ein Hauch von Sonnenschein zu schenken und ihnen gütigerweise einen goldenen Herbst zu bereiten. Ja, es ist wirklich besser geworden. Es hat endlich aufgehört zu regnen und das Thermometer hat den Weg nach oben doch noch nicht vergessen.IMG130 In der letzten Oktoberwoche war es an einigen Tagen sogar bis zu 20°C warm, ach was sage ich, heiß! Abgesehen von zwei Tagen dichten Nebels, womit man im Herbst doch wohl leben muss, blicke ich im Großen und Ganzen recht zufrieden auf die klimatische Entwicklung in diesem Teil der Ukraine zurück, die sich im Vergleich mit dem Münsterland ja doch schon sehen lassen kann. Lediglich unsere beiden italienischen Freiwilligen beklagen sich noch gelegentlich über die „frische“ Luft oder ihre feuchten Dünste am morgen. Wer mag es ihnen verübeln? Denn mediterran ist es hier bis, zumindest in dieser Jahreszeit leider wirklich nicht. Aber wenn kümmert’s schon, solange die Heizungen laufen und es genug zu tun gibt, muss man sich auch über das Wetter keine Gedanken machen. Und langweilig wird mir hier wirklich nicht.

Denn die Arbeit bei „Schiwa Nadija“ erweist sich noch lebhafter und abwechslungsreicher, als sie es ohnehin schon zuvor war. Mein Wochenrhythmus hat sich durch die Eröffnung des dritten Tageszentrums in Petrovka (darüber werde ich gleich detailliert berichten) ein wenig verschoben. Von nun an gebe ich immer Dienstags und Mittwochs Klavierunterricht, so dass ich am Montag den ganzen Tag in dem kleinen Örtchen außerhalb von Odessa verbringen kann. 1000293_10200635975164310_1249714667_nPetrovka ist ein kleines, so empfinde ich es, typisch ukrainisches Dorf, in dem etwa drei bis viertausend Menschen sesshaft sind. Die endlos scheinenden, langen, schnurgerade verlaufenden Straßen werden größten teils von kleinen, zum Teil liebevoll renovierten Häusern gesäumt, die in meinen Augen durch ihre Enge Wohlbefinden und Gemütlichkeit ausstrahlen. Dennoch, es ist ruhig in dem Dorf. Möglichkeiten für Freizeitaktivitäten besonders für Kinder und Jugendliche scheint es von dem ausgehend, was ich bisher gesehen habe, recht wenig zu geben. Lediglich die Schule und der benachbarte Kindergarten bieten einige Spielplätze, Sportanlagen und ein Fußballfeld, an dessen Rand sich aber wiederum fast sinnbildlich eine eingestürzte Turnhalle befindet. Insgesamt muss man feststellen, dass man beim verlassen Odessas eine andere Ukraine betritt. Mag der Unterschied zwischen der Altstadt und dem Stadtbezirk, in dem ich lebe, schon außerordentlich und auffällig sein, so ist er zwischen Stadt und Land umso größer. Auf dem Weg nach Petrovka, besonders entlang der Bahnlinie, fallen einem schnell die zahlreichen Industrieruinen und leerstehenden Fabriken und Anlagen auf, die sich oftmals hinter dichtem Gestrüpp verstecken. Mit dem Zusammenbruch der Sowjetunion und dem Ende der staatlich gelenkten Wirtschaft, konnten die allermeisten Betriebe auf dem nun globalen Wettbewerbsmarkt nicht mehr besten. Gerade in den rohstoffarmen Gegenden und auf dem Land, brachen mit dem Kollaps der produzierenden und verarbeitenden Industrie zahlreiche Existenzen Zusammen. So verließen vor allem in den 90er Jahren zahlreiche Menschen die kleineren Ortschaften, um sich in den Ballungszentren oder im Ausland zu sammeln und nach Arbeit zu suchen, um so der zunehmenden Armut zu entgehen. Das traf vor allem Dörfer wie Petrovka hart, deren Einwohnerzahl sich stark verringerte. Hinzukam, dass durch den Abzug der sowjetischen Armee, die in der Nähe der Gemeinde eine Militärbasis betrieb, die Ortschaft ohnehin viele Bewohner verlor. Was zurück blieb, war ein Dorf mit einer großen Schule und einem nun überproportionalem Kindergarten, deren Räume und Anlagen größten Teils leer standen, aufgrund von Geldmangel nicht mehr unterhalten werden konnten und daher nach und nach zerfielen. Eine Kette von Ursachen und Umständen, wie sie nach dem Zusammenbruch der Sowjetunion zahlreiche Dörfer und Städte erlebten und deren Folgen noch lange nicht überwunden sind. Ein Grund, warum das dritte Tageszentrum von „Schiwa Nadija“ in Petrovka eröffnet wurde.

Mit viel Zeit, Fleiß und Liebe, und dank zahlreicher ehrenamtlicher Helfer entstand aus einigen zerfallenden Räumen im Obergeschoss des Kindergartens in weniger als einem Jahr ein Ort des Spaßes, der Geborgenheit und Gemeinschaft.DSCN0863[1]DSCN0941[1] Ich würde gerne sagen, dass ich mehr an der Entstehung mitgewirkt habe, aber leider beschränkte sich unser Einsatz als Freiwillige bei den Bau- und Renovierungsarbeiten auf nur einen Tag im September, an dem wir Deckenplatten einsetzten, den Boden bemalten und die Räume und Fenster so gut es ging reinigten. Dennoch bin ich von dem Einsatz und der Arbeit, die hier investiert wurde beeindruckt und begeistert, zumal ich den benachbarten, noch unrenovierten  Teil des neuen Tageszentrums gesehen habe und der Vergleich zu den neuen, eingerichteten und nun durch die Kinder so belebten Räume einem doch glatt vom Hocker haut. Und wieder muss ich sagen: Einfach nur fantastisch, was hier geleistet und geschaffen wurde und ein dickes Lob an Familie Borisuk und die zahlreichen Mitarbeiter und Helfer. Soziale Arbeit lebt vom Ehrenamt und dem Engagement der Menschen. „Shiwa Nadija“ zeigt, wie es als non-government organization gehen kann.

Und das dieses große Lob gerechtfertigt ist, zeigt der Andrang mit das neue Tageszentrum nun konfrontiert wird. 1006374_551055688297355_907176601_nSchon bei der Eröffnung am 19. Oktober war der Rummel groß. Neben zahlreichen Eltern, Großeltern und natürlich Kindern und Jugendlichen, waren ebenfalls die Leiterin des Kindergartens, der Direktor der Schule, die Bürgermeister und dir Presse, sogar Reporter vom Regionalfernsehen, vertreten. Ein gelungener Auftakt, bei dem das rote Band am Eingang zur Eröffnung feierlich durchtrennt werden konnte.  1391720_10200635987164610_1227241024_n Auch den jungen Besuchern, von denen ich viele übrigens von nun an montags im Tageszentrum antreffe, wurde nach der Fest- und Dankesrede von Nicole Borisuk, ein tolles und aktionsreiches Programm geboten. Zu Akkordeonmusik durften sie das Spaßprogramm eines Clowns genießen, schon einige der neuen Spielsachen einweihen und sich zuletzt auch noch am leckeren und reichhaltigen Buffet dir Bäuche voll schlagen, von dem ein nicht unerheblicher Teil der Süßspeisen übrigens, es soll an dieser Stelle nicht unerwähnt bleiben, in einer Nachtschicht von Serena und Franziska liebevoll angefertigt wurde.

Auch die zwei Montage die ich seit der Eröffnung in Petrovka verbracht habe waren ein voller Erfolg und bereiten mir viel Spaß und Freude. Ausgehend von den zunehmenden Anmeldezahlen (diesen Montag waren 25 Kinder anwesend, plus einige Besucher, die sich das Spektakel mal anschauen wollten) denke ich, dass es den Kleinen ebenso gefällt, wie mir. Der neue Tischkicker und die Tischtennisplatte gehören natürlich zu den meist genutzten Geräten und wenn es hier so weiter geht, entwickel ich mich in diesen Sportarten noch zu einem Vollprofi. 1381587_10201483827911430_1729134084_n Die Kinder in Petrovka sind ebenfalls so lieb, nett und aktiv, wie in den anderen Tageszentren, so dass ich mich immer wieder darüber wundere, was für harte Lebensabschnitte viele schon hinter sich haben. Von dem berichtend, was ich bisher erfahren habe,  ist bei einigen bereits ein Elternteil verstorben, bei anderen müssen der Vater und die Mutter viel arbeiten, oder viele bekommen aufgrund von zerrütteten oder überforderten Familienverhältnissen nicht die Aufmerksamkeit, die sie eigentlich benötigen würden. Mit „Schiwa Nadija“ haben sie nun eine Anlaufstelle, bei der sie einen geregelten Tagesablauf und so viel Hilfestellung wie möglich erhalten. Der Ansatz, der in Petrovka verfolgt wird, ist der selbe, wie in den übrigen Zentren.  Durch präventive Arbeit den Teufelskreis, in dem sich viele der Kinder und Jugendliche befinden, zu durchbrechen.

Zu guter letzt, denn das reicht doch erstmal für einen Blogartikel, möchte ich noch kurz von der abenteuerlichen Anreise nach Petrovka berichten. Egal, ob mit dem Zug oder dem Auto, man bekommt Ukraine pur! Beginnen wir mit letzterem: Von einigen Straßen in Odessa habe ich ja schon mal erzählt und mich, sagen wir verhalten negativ, darüber geäußert. Dafür möchte ich mich entschuldigen, denn zu diesem Zeitpunkt war mit die Straße nach Petrovka noch völlig unbekannt. Die malerische Route führt zunächst über die noch einigermaßen gut ausgebaute Autostrada durch die weite Flur der ukrainischen Landschaften, vorbei an malerischen Dörfern. Probleme ergeben sich hierbei nur, wenn man viel Wert auf die Sauberkeit seines geliebten Autos legt, einem bei holpriger Fahrt schnell schlecht wird, oder wenn es regnet, denn dann dürfte die Straße wirklich unpassierbar sein. Um es mit einigen kurzen Adjektiven zu beschreiben: ungeteert, staubig, schmal und schlaglöchrig ( wenn es das Wort gibt). Das sollte reichen um die nötigen Bilder im Kopf wach zu rufen, um das Gefühl während einer Abenteuerfahrt wiederzugeben. Ich für meinen Fall genieße dieses Feeling sehr. Sorgen, das wir eines Tages liegen oder stecken bleiben mache ich mir eigentlich nicht und wenn es doch mal so kommen sollte, gibt es viele hilfsbereite Menschen am Straßenrand, die einem zur Seite stehen. Diese Hilfsbereitschaft, die ich hier des öfteren schon gesehen und erlebt habe, gefällt mir sehr und ich weiß nicht, ob man in Deutschland die selbe Freundlichkeit und Offenheit erwarten könnte. Auf diese Weise wird mir bei der Fahrt jedenfalls nie langweilig und es macht großen Spaß (nicht nur als Fahrer) sich einen passierbaren Weg, in Schlangenlinien um die Schlaglöcher herum zu suchen. Eine gute Beschäftigung, bei der sicherlich keine Langeweile oder Müdigkeit aufkommt und die zusätzlich auch noch die geistigen Fähigkeiten und das Konzentrationsvermögen übt. 1385482_10200635966044082_1992208881_nDie Anfahrt im Zug, auf diesem Weg erreiche ich Petrovka montags üblicherweise, ist nicht weniger spannend. In der „Elektritschka“ trifft man auf interessante Menschen, die entweder schlafen, lautstark Karten spielen, sich angeregt unterhalten, Musik machen oder versuchen eine christliche Zeitung oder anderes zu verkaufen. Dass der Zug eigentlich nie pünktlich ist, verzeiht man aufgrund dieses Erlebnisreichtums eher, als der deutschen Bahn, deren Mitarbeiter dann auch noch leider zu oft ungehalten auf Fahrgäste reagieren, wobei ich das jetzt aber auch nicht komplett stereo typisieren will…

Das war es auch schon erstmal wieder. Bis zum nächsten Artikel müsst ihr nicht mehr so lange warten, das verspreche ich euch! Ihr hört von mir!

Poká!

Euer Timo

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Der Schwanensee ist zugefroren! oder ein Hauch von Winter

Es ist schon bemerkenswert. Egal in welches Land ich reise, Italien, Spanien, Griechenland, egal wie warm und sonnig es dort eigentlich ist, egal was für milde Herbst- und Wintermonate dort erwartet werden, ich schaffe es doch jedesmal die üblichen Klimawerte und Wetterprognosen völlig auf den Kopf zu stellen. Nun also auch in Odessa. War das Gras noch bräunlich und verbrannt, als ich die Stadt das erste mal betrat, grünt es jetzt so vor sich hin. Ganze sieben Regentage wurden mir prophezeit, bekommen habe ich tatsächlich gefühlte 30 (in Wahrheit werden es wohl so um die 14 gewesen sein). „Der kälteste und nasseste September, der jemals in Odessa registriert wurde“ versicherte mir auch Irina, meine Russisch-Lehrerin. Trösten kann mich das nur wenig, hatte ich mir doch erhofft, das nasse und kalte Münsterland gegen ein eher mediterranes Klima eintauschen zu können.IMG105 Meine Erwartungen werden nun also was das Wetter angeht deutlich gebremst. Meine Hoffnungen für 2013 in diesem Punkt konnte ich ebenfalls begraben als Irina fortfuhr: „Und es ist leider oft so, dass auf einem kalten Herbst ein kalter Winter folgt“. Na toll! Aber vielleicht sollte ich das ganze mal von der positiven Seite betrachten. „Kalt“ bedeutet in Odessa so minimal knapp unter null, das allerdings für nur ganz wenige Tage im Januar. Außerdem gilt Odessa im Winter im Vergleich mit der restlichen Ukraine geradezu als tropische Insel. In Charkiw zum Beispiel wird es doch für einen erheblich längeren Zeitraum recht eisig. So kam auch ein bisschen Schadenfreude auf, als Katja und Nicole eben aus dieser 1,5 Millionen Metropole im Osten des Landes die ersten Schneeflocken vermeldeten. Da die Heizungen in den Wohnungen zentral reguliert werden und natürlich erst ihre Arbeit aufnehmen, wenn man sich nach 5-6 Tagen auch ganz sicher ist, dass die vergangenen Nächte auch wirklich nicht wärmer 2°C waren, muss man sich in den zugigen Zimmern etwas einfallen lassen. Bei mir verhielt es sich die vergangene Woche so, dass ich mich zuhause generell nur in meinem Bett unter drei warmen Decken aufhielt und nachts neben langen Klamotten stets Socken an meinem Körper trug. Damit sollte das Schlimmste überstanden sein, denn im Winter laufen ja die Heizungen, und das sogar so fleißig, dass man ums Dauerlüften gar nicht drumherum kommt. Ironischer Weise hat die Warmluftabteilung in meinem Quartier erst gestern den Betrieb aufgenommen, obwohl sich das Klima doch merklich erwärmt hat und optimistische Wetterprognosen für das kommende Wochenende bis zu 18°C voraussagen. Ein weiterer positiver Aspekt des Wetters ist der Genuss von Heißgetränken, die sich, abgesehen vom Wodka natürlich, dazu anbieten, die Körpereigene Betriebstemperatur hoch zufahren. So habe ich mich doch mittlerweile vom „Tee-Verachter“ zwar nicht gerade zu einem „Genießer“ entwickelt, muss aber gestehen, dass dieser unter bestimmten klimatischen Voraussetzungen schon einen gewissen Zweck erfüllt. Schließlich wird ja nicht ohne Grund in den kalten Regionen dieser Erde häufig Tee getrunken! Franziska und ich haben übrigens auch schon Pläne geschmiedet, mit der Produktion von Glühwein für die Kalte Jahreszeit zu beginnen, aber davon nur am Rande. Wenn es soweit ist, werde ich darüber selbstverständlich schreiben 😉
Aber da ich gerade vom Tee erzähle, muss ich unbedingt auch vom Russisch-Unterricht mit unser besagten Lehrerin Irina im Gymnasium G7 berichten, denn der hat insofern mit dem geschätzten Heißgetränk zu tun, als dass wir diesen jeden Dienstag und Mittwoch Morgen im Klassenzimmer der Deutschkurse mit schmackhaften Gebäck in gemütlicher Runde zu uns nehmen, um die Feinheiten und Tücken der russischen Sprache zu erforschen. Wir, das sind Irina, Franziska und ich. Zu lernen haben wir beiden Freiwilligen eine Menge, aber ich kann behaupten, dass ich seit der Unterricht begonnen hat, erhebliche Fortschritte in Punkto Russisch gemacht habe und sogar in der Lage bin ein wenig zu verstehen bzw. mich mit einigen Wörtern und leichten Satzkonstruktionen, aber natürlich immer noch in Verbindung mit Zeichensprache, deutlich besser als noch vor einem Monat artikulieren kann. Es geht voran, und das sicher auch dank Irinas enormen Tempos und tollen Einsatzes, da sie extra für uns ihre Freistunden zur Verfügung stellt. Um uns dafür zu bedanken, bieten Franziska und ich uns Irina und ihren Kollegen als Muttersprachler für den Deutschunterricht am Gymnasium an. So hatten wir bereits das Vergnügen mit einer Klasse an einem Quiz über Deutschland teilzunehmen und beim Lösen der Aufgaben zur helfen, was sich als gar nicht so einfach erwies, wie man es vielleicht zunächst vermuten mag. In Zukunft sollen wir noch aktiver in den Unterricht an der Schule mit eingebunden werden und in der Vorweihnachtszeit, wenn auch das Tageszentrum erstmal eine Pause einlegt, werden wir deutsche Weihnachtsbräuche mit den Klassen pflegen. Davon werde ich sicherlich in Zukunft berichten können. Ebenso werden auch einige Bilder von dem Gymnasium und unserem Einsatz dort nachgereicht werden.
Oper IIAm Sonntag war es endlich soweit. Zum ersten Mal hatten wir Gelegenheit die berühmte Oper von Odessa zu besuchen. Wir Freiwilligen von „Schiwa Nadija“, Rasid, Serena, Franziska und ich, und Luise und Eva, die in der evangelisch-lutherischen Gemeinde arbeiten, hatten im Vorfeld Karten für eine Abendvorstellung von „Schwanensee“ erworben. Nachdem wir abgehetzt das Opernhaus erreicht hatten, da unsere Maschrutka länger aus unserem Bezirk ins Zentrum benötigt hatte als geplant, konnten wir in den prunkvollen Glanz des marmornen und goldenen Schmuckstückes der Stadt eintauchen. Anders als in Deutschland und anderen Ländern ist der Opernbesuch in Odessa etwas Normales und nicht unbedingt als Luxus zu bezeichnen. Unsere Karten haben wir für umgerechnet etwa sechs Euro erworben. Dass das Haus ein Touristenmagnet ist und einen weltweit guten Ruf hat, ließ sich auch daran messen, dass viele Nationalitäten auszumachen waren. Aber vor allem konnte man Englisch und Deutsch vernehmen. Unabhängig vom für deutsche Verhältnisse recht niedrigen Eintrittspreis lohnt sich ein Besuch allemal. Selbst ich als nicht Ballett-fan muss einräumen, dass die Vorstellung von Schwanensee mir gefallen hat. Mit großer Sicherheit stehen mir noch viele weitere Besuche des berühmten Hauses bevor.1209344_592174260843885_1401686949_n Das nächste mal komme ich hoffentlich in den Genuss einer Oper. Ich habe schon ein Auge auf Verdis „Aida“ geworfen. Als Kultur- und Musikbegeisterter bin ich auf jeden Fall in Odessa an der richtigen Adresse. (Stehend von links: Serena, ich, Eva und Luise. Sitzend Rasid und Franziska nach der Vorstellung in unserer Loge)
Über meine Arbeit kann ich gar nicht so viel Neues berichten. Alles geht seinen gewohnten Gang. Seit dieser Woche arbeite ich mit den Kindern in meinen Workshops. Am Montag und Dienstag gebe ich Klavierunterricht, am Donnerstag Deutsch und am Freitag zusammen mit Serena Englisch. Die Atmosphäre unter den Mitarbeitern ist sehr warm und vertraut. So feierten wir schon mehrere Geburtstage zusammen und auch ich konnte mich am Jahrestag meiner Geburt über ein par kleine Geschenke und nette Glückwünsche freuen 🙂 Am 19. Oktober soll das dritte Tageszentrum in Petrovka eröffnet werden. Darüber wird dann ein ausführlicher Bericht folgen. Ich freue mich drauf!
Bis dahin, wünscht mir Sonne!

Euer Timo

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